Papier: 3.4 Fachkräftenachwuchs, Qualifizierung
Originalversion
1 | 3.4 Fachkräftenachwuchs, Qualifizierung |
2 | |
3 | Die ITK-Branche wie auch die Anwender von ITK-Systemen auf |
4 | Unternehmensseite sind angewiesen auf Spezialisten, die mit |
5 | dem hohen Innovationstempo von Technologien und Produkten |
6 | Schritt halten können – sei es als kreative Gestalter und |
7 | Entwickler oder als qualifizierte Nutzer. Informations- und |
8 | Kommunikationstechnologien sind als eigenständige Branche |
9 | noch sehr jung. In den zurück liegenden zwanzig Jahren hat |
10 | dieser Bereich eine markante Entwicklung durchlaufen, die |
11 | mit dem Schlagwort der „Professionalisierung“ zumindest |
12 | ansatzhaft charakterisiert werden kann. Über die zurück |
13 | liegende Dekade hinweg lässt sich dieser Prozess vor allem |
14 | durch den Bedeutungsverlust von Quereinsteigern (auch mit |
15 | akademischem, jedoch nicht ITK-spezifischem Hintergrund) und |
16 | dem Zuwachs an einschlägig qualifizierten Spezialisten |
17 | belegen sowie durch den Trend zur Tertiarisierung. Letzterer |
18 | lässt sich allerdings nicht nur auf einen höheren |
19 | ‚Reifegrad‘ der Branche, sondern auch auf |
20 | Strukturveränderungen der ITK-Branche in Deutschland |
21 | zurückführen. Da die Produktion von ITK-Hardware und |
22 | –Infrastruktur weitgehend aus Deutschland abgewandert ist, |
23 | spielt der klassische Fertigungsbereich mit derzeit nur noch |
24 | 70.000 Beschäftigten eine untergeordnete Rolle. Dominierend |
25 | ist der beratungsintensive Bereich von Software und |
26 | Services, der seit jeher stärker auf die Verbindung von |
27 | technologischem Know how mit betriebswirtschaftlichen |
28 | Kompetenzen ausgerichtet ist. Während Quereinsteigern in |
29 | diesem Umfeld nur noch geringe Chancen eingeräumt werden, |
30 | haben sich eine branchen¬spezi¬fische, flexible berufliche |
31 | Erstausbildung, die durch vielfältige |
32 | Weiterbildungsmöglichkeiten ergänzt wird, sowie ein |
33 | differenziertes Angebot an ITK- bzw. ITK-relevanten |
34 | Studiengängen etabliert. Beides, Ausbildung und Hochschule, |
35 | soll nachfolgend kurz dargestellt werden. Weitere |
36 | Qualifikationswege (Techniker im ITK-Bereich, Ausbildung an |
37 | Berufsfachschulen oder Beruflichen Gymnasien, Staatlich |
38 | geprüfte Informatik-Assistenten etc.) werden lediglich |
39 | gestreift. |
40 | |
41 | 1. Duale Ausbildung in den IT- und Medienberufen |
42 | Die IT- und Medienberufe haben sich seit ihrer Einführung in |
43 | der zweiten Hälfte der 1990er Jahre als wichtiger Pfeiler in |
44 | der Nachwuchskräftesicherung für den ITK-Bereich etabliert. |
45 | Bis zu diesem Zeitpunkt konnten vor allem |
46 | Hardware-orientierte Unternehmen auf dual ausgebildete |
47 | Fachkräfte aus dem Maschinenbau oder der Elektrotechnik |
48 | zurückgreifen. Software-Unternehmen stand die Ausbildung zum |
49 | Mathematisch-Technischen Assistenten zur Verfügung, um |
50 | eigene Fachkräfte auszubilden. Diese Möglichkeit wurde |
51 | jedoch nur in sehr geringem Umfang wahrgenommen, sodass sich |
52 | einerseits das Image der ITK-Branche als ‚Akademikerbranche‘ |
53 | etablierte, andererseits der steigende Fachkräftebedarf |
54 | durch Quereinsteiger (mit oder ohne fachfremde |
55 | Hochschulausbildung) gedeckt. |
56 | Mit der Etablierung der sog. „Neuen IT-Berufe“ [FN: |
57 | Verordnung über die Ausbildung im Bereich der Informations- |
58 | und Kommunikationstechnik, BGBl I v. 10.07.1997, S. |
59 | 1741-1799.] |
60 | Fachinformatiker / Fachinformatikerinnen (mit den |
61 | Fachrichtungen Anwendungsentwicklung und Systemintegration) |
62 | IT-Systemelektroniker / IT-Systemelektronikerinnen |
63 | IT-Systemkaufleute |
64 | Informatik-Kaufleute |
65 | wurde eine neue Berufsfamilie geschaffen, die mit ihrer |
66 | flexiblen Struktur (Orientierung an Geschäftsprozessen, |
67 | gleiche Anteile von profilübergreifenden Kernqualifikationen |
68 | und profilspezifischen Fachqualifikationen) beispielgebend |
69 | auch für angrenzende Berufe im technischen Bereich wurden. |
70 | Der große Erfolg der IT-Berufe zeigt sich neben der |
71 | (Berufs-)bildungspolitischen Bedeutung auch in der |
72 | zahlenmäßigen Entwicklung: Von 4.800 |
73 | Ausbildungsverhältnissen 1997 stieg diese Zahl über 25.600 |
74 | (1999) auf das Maximum von 48.500 im Jahr 2002 steil an. Die |
75 | Branchenkrise machte sich auf dem Ausbildungsmarkt mit |
76 | Verzögerung bemerkbar; in den Jahren 2003 bis 2006 sanken |
77 | die Ausbildungszahlen bis auf 37.900 ab und stiegen dann |
78 | wieder auf Werte um 40.000. Im Jahr 2011 lag die Zahl der |
79 | IT-Azubis bei knapp 39.000. Mit rund 14.000 bestandenen |
80 | Prüfungen pro Jahr liegt die IT-Ausbildung nur leicht hinter |
81 | ihrem akademischen Pendant, dem Studienbereich Informatik, |
82 | zurück. Seit Einführung der IT-Berufe (erster |
83 | Prüfungsjahrgang 1998) haben mehr als 160.000 junge Menschen |
84 | einen IHK-Abschluss erlangt. [FN: Zahlenangaben nach DIHK, |
85 | Berufsbildungsstatistik.] An dieser Ausbildungsleistung ist |
86 | die ITK-Kernbranche überproportional beteiligt. Erste |
87 | Evaluationen nach Einführung der IT-Berufe ergaben einen |
88 | Anteil von rund zwei Drittel aller Azubis in der |
89 | ITK-Branche. [FN: Hans Borch und Hans Weißmann (Hg.), |
90 | „IT-Berufe machen Karriere“, Bielefeld 2002.] |
91 | Während sich die Ausbildungszahlen insgesamt relativ stabil |
92 | präsentieren, haben sich die Anteile der einzelnen |
93 | Ausbildungsprofile verschoben. Lag der Anteil der |
94 | Fachinformatiker (beider Fachrichtungen) 2001 bei 51,4 %, so |
95 | stieg er bis 2011 auf 65,5 % der neu abgeschlossenen |
96 | Ausbildungsverträge an. Umgekehrt reduzierte sich der Anteil |
97 | der IT-Systemelektroniker um nahezu ein Drittel von 18 auf |
98 | 12,6 %, während die beiden sog. kaufmännischen |
99 | IT-Ausbildungsberufe zusammen von rund 30 auf gut 20 % |
100 | zurückfielen. Diese Zahlen spiegeln die Veränderungen |
101 | insbesondere im Telekommunikationsbereich (Digitalisierung |
102 | der Netze, Aufbau mobiler Netze) wider, insbesondere die |
103 | erheblichen Effizienzsteigerungen im Ausbau und der |
104 | Administration der Netzinfrastruktur. Gleichzeitig spiegelt |
105 | die Entwicklung im Ausbildungsbereich die besondere Dynamik |
106 | der Branchensegmente Software und IT-Dienste, die |
107 | Fachinformatiker und Fachinformatikerinnen als wichtigen |
108 | Baustein für ihre Fachkräftestrategie bewerten. |
109 | Die IT-Berufe zeigen neben den unbestrittenen Stärken einer |
110 | Struktur, die die Spezifika einer breit gefächerten Branche |
111 | gut aufnehmen kann, auch Schwachstellen. Diese liegen in der |
112 | teilweise unzureichenden Trennschärfe der Profile (insbes. |
113 | bei IT-Systemkaufleuten und Informatikkaufleuten) sowie der |
114 | offensichtlich mangelhaften Attraktivität für Frauen. Trotz |
115 | der Bemühungen zahlreicher Unternehmen um weibliche |
116 | Auszubildende lag der Frauenanteil an den IT-Azubis in den |
117 | Jahren 2000 bis 2002 bei schwachen 14 %. Seit 2003 geht |
118 | dieser Anteil kontinuierlich zurück und lag im Jahr 2011 bei |
119 | nur noch 8,4 %. An dieser Stelle zeigt sich konkreter |
120 | Handlungsbedarf. |
121 | Neben den genannten IT-Berufen wurden weitere Berufsbilder |
122 | etabliert: 1999 wurde für den handwerklichen Bereich das |
123 | Berufsbild „Informationselektroniker/-in“ geschaffen, 2007 |
124 | als Nachfolger für den Mathematisch-Technischen Assistenten |
125 | der „Mathematisch-Technische Software-Entwickler“ [FN: |
126 | Verordnung über die Ausbildung zum/zur |
127 | Mathematik-Technischen Software-Entwickler /-in, BGBl I v. |
128 | 14.03.2007, S. 326-334.] als dem Fachinformatiker |
129 | Anwendungsentwicklung verwandtes Profil, das vor allem auf |
130 | anspruchsvolle wissenschaftlich-mathematische Fragestellung |
131 | abstellt, sowie aus dem Bereich der industriellen |
132 | Elektrotechnik das Profil „Systeminformatiker/ in“ [FN: |
133 | Verordnung über die industriellen Elektroberufe, BGBl I v. |
134 | 24.07.2007, S. 1678-1760.]. Sämtliche genannten Profile |
135 | haben nur wenige hundert Auszubildende und ergänzen die |
136 | IT-relevante Ausbildung nach heutigem Stand eher, als dass |
137 | sie prägenden Einfluss auf die IT-Ausbildung entfalten |
138 | könnten. |
139 | Ebenfalls von untergeordneter Bedeutung ist die Ausbildung |
140 | zum Techniker bzw. zur Techni-ker¬in. Während diese |
141 | berufliche Weiterbildung im Bereichen wie z.B. dem |
142 | Maschinen¬bau oder der Elektrotechnik hohes Ansehen genießt |
143 | und entsprechend gute Karrierechancen eröffnet, verbinden |
144 | sich für ehemalige IT-Azubis oftmals keine spürbaren |
145 | Karriereschritte mit dem Absolvieren einer entsprechenden, |
146 | meist berufsbegleitend absolvierten Weiterbildung. |
147 | |
148 | Einen systematischen Ansatz für eine berufliche |
149 | Weiterbildung eröffnet das dreistufige |
150 | „IT-Weiterbildungssystem“: |
151 | 14 (ursprünglich 29) Spezialistenprofile |
152 | 4 operative Professionals |
153 | 2 strategische Professionals. [FN: Der ITK-Bereich gehört zu |
154 | den Berufsfeldern, anhand derer im Jahr 2010 der Entwurf für |
155 | einen Nationalen Qualifikationsrahmen getestet wurde. Die |
156 | IT-Spezialisten wurden in diesem Verfahren der Niveaustufe 5 |
157 | zugeordnet, die operativen Professionals der Stufe 6 (ebenso |
158 | wie Bachelor-Abschlüsse) und strategische Professionals der |
159 | Stufe 7 (ebenso wie Master-Studiengänge). Siehe |
160 | „Abschlussbericht der Arbeitsgruppe IT |
161 | zur zweiten Erarbeitungsphase des Deutschen |
162 | Qualifikationsrahmens. Endfassung vom 17.09.2010, Übersicht |
163 | S. 27-33.] |
164 | Zugangsvoraussetzung zum IT-Weiterbildungssystem ist eine |
165 | abgeschlossene IT-Ausbildung oder eine adäquate sonstige |
166 | Qualifikation. Operative Professionals sind am Niveau von |
167 | Bachelor-Studiengängen, strategische Professionals an |
168 | Master-Studiengängen orientiert. Beide sind durch die |
169 | Weiterbildungsverordnung geregelt, die Prüfungen werden von |
170 | Industrie- und Handelskammern abgenommen. Die |
171 | IT-Spezialisten unterliegen der internationalen |
172 | Personalzertifizierungsnorm 17024 und sind damit |
173 | privatwirtschaftlich geregelt. Mit dem 2002 verordneten und |
174 | 2008 überarbeiteten Weiterbildungssystem steht eine |
175 | durchgängige Struktur zur Verfügung, die es ermöglichst, |
176 | auch ohne Hochschulqualifikation eine betriebliche Karriere |
177 | bis in obere Führungspositionen zu durchlaufen. Angesichts |
178 | weniger tausend Teilnehmer seit dem Start des |
179 | Weiterbildungssystems 2002 muss konstatiert werden, dass |
180 | nicht alle Hoffnungen, die sich mit diesem grundlegenden |
181 | Neuansatz verbunden haben, auch realisiert wurden. Wichtige |
182 | Impulse sind vom IT-Weiterbildungssystem u.a. für die |
183 | Themenbereiche „Durchlässigkeit“ und „Anrechenbarkeit von |
184 | beruflichen Lernleistungen im Hochschulbereich“ ausgegangen. |
185 | [FN: Siehe die sog. „ANKOM“-Projekte des Bundesministeriums |
186 | für Bildung und Forschung.] |
187 | Für die berufliche Weiterbildung unverändert relevant sind |
188 | Zertifikate einzelner Hersteller oder von |
189 | Branchenvereinigungen. Große Relevanz haben |
190 | Zertifikats-Angebote für Software-Testing durch das ISQI |
191 | oder die Zertifizierung Projektmanagement-Kompetenzen durch |
192 | die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement erreicht. |
193 | Herstellerspezifische oder herstellerneutrale Zertifikate |
194 | spielen eine große Rolle für ITK-Spezialisten, um die |
195 | Aktualität von Wissen und Kompetenz transparent zu machen. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | 3.4 Fachkräftenachwuchs, Qualifizierung |
2 | |
3 | Die ITK-Branche wie auch die Anwender von ITK-Systemen auf |
4 | Unternehmensseite sind angewiesen auf Spezialisten, die mit |
5 | dem hohen Innovationstempo von Technologien und Produkten |
6 | Schritt halten können – sei es als kreative Gestalter und |
7 | Entwickler oder als qualifizierte Nutzer. Informations- und |
8 | Kommunikationstechnologien sind als eigenständige Branche |
9 | noch sehr jung. In den zurück liegenden zwanzig Jahren hat |
10 | dieser Bereich eine markante Entwicklung durchlaufen, die |
11 | mit dem Schlagwort der „Professionalisierung“ zumindest |
12 | ansatzhaft charakterisiert werden kann. Über die zurück |
13 | liegende Dekade hinweg lässt sich dieser Prozess vor allem |
14 | durch den Bedeutungsverlust von Quereinsteigern (auch mit |
15 | akademischem, jedoch nicht ITK-spezifischem Hintergrund) und |
16 | dem Zuwachs an einschlägig qualifizierten Spezialisten |
17 | belegen sowie durch den Trend zur Tertiarisierung. Letzterer |
18 | lässt sich allerdings nicht nur auf einen höheren |
19 | ‚Reifegrad‘ der Branche, sondern auch auf |
20 | Strukturveränderungen der ITK-Branche in Deutschland |
21 | zurückführen. Da die Produktion von ITK-Hardware und |
22 | –Infrastruktur weitgehend aus Deutschland abgewandert ist, |
23 | spielt der klassische Fertigungsbereich mit derzeit nur noch |
24 | 70.000 Beschäftigten eine untergeordnete Rolle. Dominierend |
25 | ist der beratungsintensive Bereich von Software und |
26 | Services, der seit jeher stärker auf die Verbindung von |
27 | technologischem Know how mit betriebswirtschaftlichen |
28 | Kompetenzen ausgerichtet ist. Während Quereinsteigern in |
29 | diesem Umfeld nur noch geringe Chancen eingeräumt werden, |
30 | haben sich eine branchen¬spezi¬fische, flexible berufliche |
31 | Erstausbildung, die durch vielfältige |
32 | Weiterbildungsmöglichkeiten ergänzt wird, sowie ein |
33 | differenziertes Angebot an ITK- bzw. ITK-relevanten |
34 | Studiengängen etabliert. Beides, Ausbildung und Hochschule, |
35 | soll nachfolgend kurz dargestellt werden. Weitere |
36 | Qualifikationswege (Techniker im ITK-Bereich, Ausbildung an |
37 | Berufsfachschulen oder Beruflichen Gymnasien, Staatlich |
38 | geprüfte Informatik-Assistenten etc.) werden lediglich |
39 | gestreift. |
40 | |
41 | 1. Duale Ausbildung in den IT- und Medienberufen |
42 | Die IT- und Medienberufe haben sich seit ihrer Einführung in |
43 | der zweiten Hälfte der 1990er Jahre als wichtiger Pfeiler in |
44 | der Nachwuchskräftesicherung für den ITK-Bereich etabliert. |
45 | Bis zu diesem Zeitpunkt konnten vor allem |
46 | Hardware-orientierte Unternehmen auf dual ausgebildete |
47 | Fachkräfte aus dem Maschinenbau oder der Elektrotechnik |
48 | zurückgreifen. Software-Unternehmen stand die Ausbildung zum |
49 | Mathematisch-Technischen Assistenten zur Verfügung, um |
50 | eigene Fachkräfte auszubilden. Diese Möglichkeit wurde |
51 | jedoch nur in sehr geringem Umfang wahrgenommen, sodass sich |
52 | einerseits das Image der ITK-Branche als ‚Akademikerbranche‘ |
53 | etablierte, andererseits der steigende Fachkräftebedarf |
54 | durch Quereinsteiger (mit oder ohne fachfremde |
55 | Hochschulausbildung) gedeckt. |
56 | Mit der Etablierung der sog. „Neuen IT-Berufe“ [FN: |
57 | Verordnung über die Ausbildung im Bereich der Informations- |
58 | und Kommunikationstechnik, BGBl I v. 10.07.1997, S. |
59 | 1741-1799.] |
60 | Fachinformatiker / Fachinformatikerinnen (mit den |
61 | Fachrichtungen Anwendungsentwicklung und Systemintegration) |
62 | IT-Systemelektroniker / IT-Systemelektronikerinnen |
63 | IT-Systemkaufleute |
64 | Informatik-Kaufleute |
65 | wurde eine neue Berufsfamilie geschaffen, die mit ihrer |
66 | flexiblen Struktur (Orientierung an Geschäftsprozessen, |
67 | gleiche Anteile von profilübergreifenden Kernqualifikationen |
68 | und profilspezifischen Fachqualifikationen) beispielgebend |
69 | auch für angrenzende Berufe im technischen Bereich wurden. |
70 | Der große Erfolg der IT-Berufe zeigt sich neben der |
71 | (Berufs-)bildungspolitischen Bedeutung auch in der |
72 | zahlenmäßigen Entwicklung: Von 4.800 |
73 | Ausbildungsverhältnissen 1997 stieg diese Zahl über 25.600 |
74 | (1999) auf das Maximum von 48.500 im Jahr 2002 steil an. Die |
75 | Branchenkrise machte sich auf dem Ausbildungsmarkt mit |
76 | Verzögerung bemerkbar; in den Jahren 2003 bis 2006 sanken |
77 | die Ausbildungszahlen bis auf 37.900 ab und stiegen dann |
78 | wieder auf Werte um 40.000. Im Jahr 2011 lag die Zahl der |
79 | IT-Azubis bei knapp 39.000. Mit rund 14.000 bestandenen |
80 | Prüfungen pro Jahr liegt die IT-Ausbildung nur leicht hinter |
81 | ihrem akademischen Pendant, dem Studienbereich Informatik, |
82 | zurück. Seit Einführung der IT-Berufe (erster |
83 | Prüfungsjahrgang 1998) haben mehr als 160.000 junge Menschen |
84 | einen IHK-Abschluss erlangt. [FN: Zahlenangaben nach DIHK, |
85 | Berufsbildungsstatistik.] An dieser Ausbildungsleistung ist |
86 | die ITK-Kernbranche überproportional beteiligt. Erste |
87 | Evaluationen nach Einführung der IT-Berufe ergaben einen |
88 | Anteil von rund zwei Drittel aller Azubis in der |
89 | ITK-Branche. [FN: Hans Borch und Hans Weißmann (Hg.), |
90 | „IT-Berufe machen Karriere“, Bielefeld 2002.] |
91 | Während sich die Ausbildungszahlen insgesamt relativ stabil |
92 | präsentieren, haben sich die Anteile der einzelnen |
93 | Ausbildungsprofile verschoben. Lag der Anteil der |
94 | Fachinformatiker (beider Fachrichtungen) 2001 bei 51,4 %, so |
95 | stieg er bis 2011 auf 65,5 % der neu abgeschlossenen |
96 | Ausbildungsverträge an. Umgekehrt reduzierte sich der Anteil |
97 | der IT-Systemelektroniker um nahezu ein Drittel von 18 auf |
98 | 12,6 %, während die beiden sog. kaufmännischen |
99 | IT-Ausbildungsberufe zusammen von rund 30 auf gut 20 % |
100 | zurückfielen. Diese Zahlen spiegeln die Veränderungen |
101 | insbesondere im Telekommunikationsbereich (Digitalisierung |
102 | der Netze, Aufbau mobiler Netze) wider, insbesondere die |
103 | erheblichen Effizienzsteigerungen im Ausbau und der |
104 | Administration der Netzinfrastruktur. Gleichzeitig spiegelt |
105 | die Entwicklung im Ausbildungsbereich die besondere Dynamik |
106 | der Branchensegmente Software und IT-Dienste, die |
107 | Fachinformatiker und Fachinformatikerinnen als wichtigen |
108 | Baustein für ihre Fachkräftestrategie bewerten. |
109 | Die IT-Berufe zeigen neben den unbestrittenen Stärken einer |
110 | Struktur, die die Spezifika einer breit gefächerten Branche |
111 | gut aufnehmen kann, auch Schwachstellen. Diese liegen in der |
112 | teilweise unzureichenden Trennschärfe der Profile (insbes. |
113 | bei IT-Systemkaufleuten und Informatikkaufleuten) sowie der |
114 | offensichtlich mangelhaften Attraktivität für Frauen. Trotz |
115 | der Bemühungen zahlreicher Unternehmen um weibliche |
116 | Auszubildende lag der Frauenanteil an den IT-Azubis in den |
117 | Jahren 2000 bis 2002 bei schwachen 14 %. Seit 2003 geht |
118 | dieser Anteil kontinuierlich zurück und lag im Jahr 2011 bei |
119 | nur noch 8,4 %. An dieser Stelle zeigt sich konkreter |
120 | Handlungsbedarf. |
121 | Neben den genannten IT-Berufen wurden weitere Berufsbilder |
122 | etabliert: 1999 wurde für den handwerklichen Bereich das |
123 | Berufsbild „Informationselektroniker/-in“ geschaffen, 2007 |
124 | als Nachfolger für den Mathematisch-Technischen Assistenten |
125 | der „Mathematisch-Technische Software-Entwickler“ [FN: |
126 | Verordnung über die Ausbildung zum/zur |
127 | Mathematik-Technischen Software-Entwickler /-in, BGBl I v. |
128 | 14.03.2007, S. 326-334.] als dem Fachinformatiker |
129 | Anwendungsentwicklung verwandtes Profil, das vor allem auf |
130 | anspruchsvolle wissenschaftlich-mathematische Fragestellung |
131 | abstellt, sowie aus dem Bereich der industriellen |
132 | Elektrotechnik das Profil „Systeminformatiker/ in“ [FN: |
133 | Verordnung über die industriellen Elektroberufe, BGBl I v. |
134 | 24.07.2007, S. 1678-1760.]. Sämtliche genannten Profile |
135 | haben nur wenige hundert Auszubildende und ergänzen die |
136 | IT-relevante Ausbildung nach heutigem Stand eher, als dass |
137 | sie prägenden Einfluss auf die IT-Ausbildung entfalten |
138 | könnten. |
139 | Ebenfalls von untergeordneter Bedeutung ist die Ausbildung |
140 | zum Techniker bzw. zur Techni-ker¬in. Während diese |
141 | berufliche Weiterbildung im Bereichen wie z.B. dem |
142 | Maschinen¬bau oder der Elektrotechnik hohes Ansehen genießt |
143 | und entsprechend gute Karrierechancen eröffnet, verbinden |
144 | sich für ehemalige IT-Azubis oftmals keine spürbaren |
145 | Karriereschritte mit dem Absolvieren einer entsprechenden, |
146 | meist berufsbegleitend absolvierten Weiterbildung. |
147 | |
148 | Einen systematischen Ansatz für eine berufliche |
149 | Weiterbildung eröffnet das dreistufige |
150 | „IT-Weiterbildungssystem“: |
151 | 14 (ursprünglich 29) Spezialistenprofile |
152 | 4 operative Professionals |
153 | 2 strategische Professionals. [FN: Der ITK-Bereich gehört zu |
154 | den Berufsfeldern, anhand derer im Jahr 2010 der Entwurf für |
155 | einen Nationalen Qualifikationsrahmen getestet wurde. Die |
156 | IT-Spezialisten wurden in diesem Verfahren der Niveaustufe 5 |
157 | zugeordnet, die operativen Professionals der Stufe 6 (ebenso |
158 | wie Bachelor-Abschlüsse) und strategische Professionals der |
159 | Stufe 7 (ebenso wie Master-Studiengänge). Siehe |
160 | „Abschlussbericht der Arbeitsgruppe IT |
161 | zur zweiten Erarbeitungsphase des Deutschen |
162 | Qualifikationsrahmens. Endfassung vom 17.09.2010, Übersicht |
163 | S. 27-33.] |
164 | Zugangsvoraussetzung zum IT-Weiterbildungssystem ist eine |
165 | abgeschlossene IT-Ausbildung oder eine adäquate sonstige |
166 | Qualifikation. Operative Professionals sind am Niveau von |
167 | Bachelor-Studiengängen, strategische Professionals an |
168 | Master-Studiengängen orientiert. Beide sind durch die |
169 | Weiterbildungsverordnung geregelt, die Prüfungen werden von |
170 | Industrie- und Handelskammern abgenommen. Die |
171 | IT-Spezialisten unterliegen der internationalen |
172 | Personalzertifizierungsnorm 17024 und sind damit |
173 | privatwirtschaftlich geregelt. Mit dem 2002 verordneten und |
174 | 2008 überarbeiteten Weiterbildungssystem steht eine |
175 | durchgängige Struktur zur Verfügung, die es ermöglichst, |
176 | auch ohne Hochschulqualifikation eine betriebliche Karriere |
177 | bis in obere Führungspositionen zu durchlaufen. Angesichts |
178 | weniger tausend Teilnehmer seit dem Start des |
179 | Weiterbildungssystems 2002 muss konstatiert werden, dass |
180 | nicht alle Hoffnungen, die sich mit diesem grundlegenden |
181 | Neuansatz verbunden haben, auch realisiert wurden. Wichtige |
182 | Impulse sind vom IT-Weiterbildungssystem u.a. für die |
183 | Themenbereiche „Durchlässigkeit“ und „Anrechenbarkeit von |
184 | beruflichen Lernleistungen im Hochschulbereich“ ausgegangen. |
185 | [FN: Siehe die sog. „ANKOM“-Projekte des Bundesministeriums |
186 | für Bildung und Forschung.] |
187 | Für die berufliche Weiterbildung unverändert relevant sind |
188 | Zertifikate einzelner Hersteller oder von |
189 | Branchenvereinigungen. Große Relevanz haben |
190 | Zertifikats-Angebote für Software-Testing durch das ISQI |
191 | oder die Zertifizierung Projektmanagement-Kompetenzen durch |
192 | die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement erreicht. |
193 | Herstellerspezifische oder herstellerneutrale Zertifikate |
194 | spielen eine große Rolle für ITK-Spezialisten, um die |
195 | Aktualität von Wissen und Kompetenz transparent zu machen. |
-
Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.
-
Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.
-
Sie können hier auch eine neue Version des Papiers einbringen.
Vorschlag