Papier: 3.3.3.1 Standardisierung und digitale Taylorisierung

Originalversion

1 Um Arbeitsprozesse digital abbildbar, über Netze
2 transportierbar und – möglichst unabhängig vom
3 Erfahrungswissen der beteiligten Beschäftigten – vielfältig
4 und global anschlussfähig und integrierbar zu machen, müssen
5 diese in aller Regel strukturiert, systematisiert und
6 vereinheitlicht werden. Deshalb können die Informations- und
7 Kommunikationstechniken einerseits als „das wirkmächtigste
8 Mittel der Formalisierung betrieblicher Arbeits- und
9 Kommunikationsprozesse“ [FN: Schulz-Schaeffer, Ingo/Funken,
10 Christiane: Das Verhältnis von Formalisierung und
11 Informalität betrieblicher Arbeits- und
12 Kommunikationsprozesse und die Rolle der
13 Informationstechnik. 2008, S. 11.] gelten. Digitalisierung
14 von Arbeit geht faktisch häufig mit ihrer stärkeren
15 Homogenisierung und Standardisierung einher – insbesondere
16 gilt dies für vergleichsweise wenig komplexe Aufgaben und
17 Routinetätigkeiten, welche schon vor ihrer digitalen
18 Durchdringung als normierte Handlungsabläufe angelegt waren
19 oder die sich im Zuge der digitalen Umrüstung leicht
20 standardisieren und mittels informationstechnisch
21 verarbeitbarer Messgrößen erfassen lassen. Hier werden
22 Tätigkeitsparameter oft alternativlos vorgegeben und
23 gewissermaßen in die informationstechnischen Arbeitsmittel
24 „eingeschrieben“ (zum Beispiel durch Eingabemasken mit
25 festgelegten Auswahlfeldern).
26
27 Für die betroffenen Beschäftigten entstehen in solchen
28 Konstellationen qua digitaler Vernetzung „keine neuartigen
29 Freiräume für die Organisation und Gestaltung ihrer Arbeit.
30 Im Gegenteil: Sie hängen an einer Art ,elektronischer
31 Leine', die ihr Verhalten steuert und kontrolliert. Dies
32 gilt vor allem dann, wenn standardisierte Arbeitsprozesse
33 und -tätigkeiten zugrunde liegen, die sich auch leicht
34 überwachen und steuern lassen.“ [FN: Picot,
35 Arnold/Neuburger, Rahild: Arbeitsstrukturen in virtuellen
36 Organisationen. 2008, S. 233f.] Die auf diese Weise
37 umgestalteten Tätigkeiten können, einer bei der Anhörung der
38 Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft zu den
39 „Veränderungsprozessen in der digitalen Wirtschafts- und
40 Arbeitswelt“ geäußerten Einschätzung einer Expertin zufolge,
41 „dem Taylorismus ähnliche Formen“ annehmen. Allerdings werde
42 „dieser Trend […] bis 2030 wieder zurück gehen aufgrund
43 psychischer (und effizienzbezogener) Nebenwirkungen von
44 Technologisierung und Standardisierung. Nebenwirkungen sind
45 insbesondere Boreout, erhöhte Fluktuation und
46 Leistungsrückgang der Mitarbeiter, die letztendlich die
47 (durch die Standardisierung ursprünglich angestrebte)
48 Produktivität beeinträchtigen.“ [FN: Schriftliche
49 Stellungnahme von Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg im Rahmen der
50 öffentlichen Anhörung „Veränderungsprozesse in der digitalen
51 Wirtschafts- und Arbeitswelt“ der Enquete-Kommission
52 Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages
53 am 12. Dezember 2011. A.-Drs. 17(24)048, S. 2.]
54 Arbeitspolitische Initiativen zur humanen Gestaltung
55 entsprechender Tätigkeiten – etwa nach dem Muster von „job
56 enrichment“ – könnten vor diesem Problemhintergrund geeignet
57 sein, die genannte Zeitspanne abzukürzen und den negativen
58 Effekten einer digitalen Taylorisierung entgegenzuwirken.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Um Arbeitsprozesse digital abbildbar, über Netze
2 transportierbar und – möglichst unabhängig vom
3 Erfahrungswissen der beteiligten Beschäftigten – vielfältig
4 und global anschlussfähig und integrierbar zu machen, müssen
5 diese in aller Regel strukturiert, systematisiert und
6 vereinheitlicht werden. Deshalb können die Informations- und
7 Kommunikationstechniken einerseits als „das wirkmächtigste
8 Mittel der Formalisierung betrieblicher Arbeits- und
9 Kommunikationsprozesse“ [FN: Schulz-Schaeffer, Ingo/Funken,
10 Christiane: Das Verhältnis von Formalisierung und
11 Informalität betrieblicher Arbeits- und
12 Kommunikationsprozesse und die Rolle der
13 Informationstechnik. 2008, S. 11.] gelten. Digitalisierung
14 von Arbeit geht faktisch häufig mit ihrer stärkeren
15 Homogenisierung und Standardisierung einher – insbesondere
16 gilt dies für vergleichsweise wenig komplexe Aufgaben und
17 Routinetätigkeiten, welche schon vor ihrer digitalen
18 Durchdringung als normierte Handlungsabläufe angelegt waren
19 oder die sich im Zuge der digitalen Umrüstung leicht
20 standardisieren und mittels informationstechnisch
21 verarbeitbarer Messgrößen erfassen lassen. Hier werden
22 Tätigkeitsparameter oft alternativlos vorgegeben und
23 gewissermaßen in die informationstechnischen Arbeitsmittel
24 „eingeschrieben“ (zum Beispiel durch Eingabemasken mit
25 festgelegten Auswahlfeldern).
26
27 Für die betroffenen Beschäftigten entstehen in solchen
28 Konstellationen qua digitaler Vernetzung „keine neuartigen
29 Freiräume für die Organisation und Gestaltung ihrer Arbeit.
30 Im Gegenteil: Sie hängen an einer Art ,elektronischer
31 Leine', die ihr Verhalten steuert und kontrolliert. Dies
32 gilt vor allem dann, wenn standardisierte Arbeitsprozesse
33 und -tätigkeiten zugrunde liegen, die sich auch leicht
34 überwachen und steuern lassen.“ [FN: Picot,
35 Arnold/Neuburger, Rahild: Arbeitsstrukturen in virtuellen
36 Organisationen. 2008, S. 233f.] Die auf diese Weise
37 umgestalteten Tätigkeiten können, einer bei der Anhörung der
38 Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft zu den
39 „Veränderungsprozessen in der digitalen Wirtschafts- und
40 Arbeitswelt“ geäußerten Einschätzung einer Expertin zufolge,
41 „dem Taylorismus ähnliche Formen“ annehmen. Allerdings werde
42 „dieser Trend […] bis 2030 wieder zurück gehen aufgrund
43 psychischer (und effizienzbezogener) Nebenwirkungen von
44 Technologisierung und Standardisierung. Nebenwirkungen sind
45 insbesondere Boreout, erhöhte Fluktuation und
46 Leistungsrückgang der Mitarbeiter, die letztendlich die
47 (durch die Standardisierung ursprünglich angestrebte)
48 Produktivität beeinträchtigen.“ [FN: Schriftliche
49 Stellungnahme von Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg im Rahmen der
50 öffentlichen Anhörung „Veränderungsprozesse in der digitalen
51 Wirtschafts- und Arbeitswelt“ der Enquete-Kommission
52 Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages
53 am 12. Dezember 2011. A.-Drs. 17(24)048, S. 2.]
54 Arbeitspolitische Initiativen zur humanen Gestaltung
55 entsprechender Tätigkeiten – etwa nach dem Muster von „job
56 enrichment“ – könnten vor diesem Problemhintergrund geeignet
57 sein, die genannte Zeitspanne abzukürzen und den negativen
58 Effekten einer digitalen Taylorisierung entgegenzuwirken.

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