3.3.5 Chancen der Inklusion

1-2 von 2
  • 3.3.5 Chancen der Inklusion (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    Diese Version hat keinen Text.
  • 3.3.5 Chancen der Inklusion (Originalversion)

    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 IT-unterstützte Erwerbstätigkeit eröffnet aufgrund ihrer
    2 räumlichen und zeitlichen Flexibilisierungspotenziale [FN:
    3 Vgl. hierzu Abschnitt 3.3.1.] neue Gestaltungsoptionen für
    4 eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies gilt
    5 namentlich für die durch digitale Vernetzung möglich
    6 gewordenen Formen mobiler Arbeit und hier insbesondere für
    7 die Variante der alternierenden Tele(heim)arbeit. Vor allem
    8 drei Faktoren sind es, die bei dieser Arbeitsform dazu
    9 beitragen können, die Handlungsspielräume der Beschäftigten
    10 – ob Frauen oder Männer – zu erweitern und deren
    11 Lebenszufriedenheit zu erhöhen, „da diese unter anderem
    12 verbesserte Möglichkeiten haben, persönlichen
    13 Verpflichtungen (z. B. der Pflege älterer Angehöriger, der
    14 Beaufsichtigung von Kindern) nachzukommen“ (Stock-Homburg
    15 2011):
    16
    17  Zum ersten erbringt Telearbeit aufgrund des Wegfalls von
    18 Wegezeiten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz in aller Regel
    19 einen Zeitgewinn für die Betroffenen, der zumindest
    20 partiell auch für die Wahrnehmung privater Aufgaben
    21 verwendet werden kann. [FN: In einer Stellungnahme
    22 gegenüber der Enquete-Kommission wurde hierzu am Beispiel
    23 einer Erhebung zur Telearbeit bei der Deutschen Telekom
    24 berichtet, dass sich nach den Angaben von 41% der befragten
    25 Telebeschäftigten „ihre tägliche Gesamtarbeitszeit in und
    26 wegen der neuen Arbeitszeitform erhöht habe – zu Hause
    27 werde die Arbeitszeit nicht selten länger ausgedehnt als im
    28 Betrieb, wobei 29% davon ausgingen, dass diese
    29 ‚schleichende‘ Arbeitszeitverlängerung auf eine
    30 Größenordnung von über zwei Stunden pro Woche veranschlagt
    31 werden könne. Anders stellte sich die Situation der
    32 Telebeschäftigten jedoch bei der ‚arbeitsgebundenen‘ Zeit
    33 dar – der Summe aus reiner Arbeitszeit und Wegezeiten also.
    34 Hier gingen zwei Drittel [...] von einer Verkürzung aus,
    35 die von 19% (der Befragten) auf eine doch erhebliche
    36 Größenordnung von über fünf Stunden wöchentlich taxiert
    37 wurde. Im Ergebnis führt Telearbeit also offenbar dazu,
    38 dass viele zwar einerseits länger arbeiten, gleichwohl aber
    39 – vor allem bedingt durch den Wegfall von Anfahrtszeiten –
    40 mehr Zeit für sich und ihre Familie haben.“ (Schwemmle
    41 2010, S. 15f.)]
    42
    43  Zum zweiten ermöglicht Telearbeit eine Variabilisierung
    44 von Arbeitszeiten, die sich – eher als dies im Rahmen
    45 betriebsgebundener Arrangements möglich ist – wenigstens
    46 teilweise auch in „Tagesrandlagen“ platzieren lassen,
    47 wodurch die Erledigung nicht-beruflicher Verpflichtungen
    48 während klassischer Arbeitszeitphasen möglich wird.
    49
    50  Zum dritten erlaubt auch die durch Arbeit im häuslichen
    51 Bereich eher gegebene räumliche Nähe zu
    52 Kinderbetreuungsangeboten, Einkaufsmöglichkeiten,
    53 Sportstätten u.ä. eine bessere Koordination beruflicher und
    54 privater Anforderungen.
    55
    56 Die positiven Wirkungen dieser Faktoren konnten in einer
    57 Vielzahl empirischer Studien [FN: Vgl. für viele andere nur
    58 Junghanns / Pech 2008, Seger 2005, und Winker 2003.]
    59 verifiziert werden, die den Beleg erbracht haben, „dass
    60 sich mit dieser neuen Form IT-gestützten Arbeitens in
    61 zeitweise häuslicher Umgebung Chancen für eine flexiblere
    62 individuelle Lebensgestaltung von Frauen und Männern
    63 ergeben [...]. Die Synchronisation verschiedener
    64 Anforderungen aus den unterschiedlichen Arbeits- und
    65 Lebensbereichen wird einfacher. Während von einer besseren
    66 organisatorischen Vereinbarkeit von Beruf und Familie beide
    67 Geschlechter gleichermaßen profitieren, ermöglicht
    68 alternierende Telearbeit vor allem Frauen in traditionellen
    69 Geschlechterarrangements die Integration des Berufs in eine
    70 Lebenssituation, die von familiären Verpflichtungen geprägt
    71 ist. Bei Männern gewinnt andersherum in einer stark auf den
    72 Beruf ausgerichteten Lebensphase die Beschäftigung mit der
    73 Familie mehr Raum.“ (Winker 2003, S. 73f.)
    74
    75 Die genannten Benefits ortsflexibler digitaler Arbeit, die
    76 zumindest teilweise auch im häuslichen Umfeld erbracht
    77 werden kann, kommen potenziell all denjenigen
    78 Beschäftigtengruppen zugute, für deren Bedürfnisse oder
    79 spezifische Lebensumstände eine permanente Präsenz im
    80 Betrieb kein optimales Arrangement darstellt. Dies gilt
    81 etwa für Arbeitnehmer, bei denen alternierende
    82 Tele(heim)arbeit ein Element alternsgerechteren Arbeitens
    83 darstellen und einen gleitenden Übergang in die
    84 Nichterwerbsphase erleichtern kann. Ebenso sind
    85 IT-gestützte Arbeitsformen auch für in ihrer Beweglichkeit
    86 beeinträchtigte Beschäftigte eine Option.
    87
    88
    89
    90
    91 Barrierefreiheit: Den digitalen Mehrwert für alle sinnvoll
    92 nutzen
    93
    94
    95 Eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit
    96 Beeinträchtigungen [FN: Angelehnt an die
    97 UN-Behindertenrechtskonvention
    98 (https://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgb
    99 l.pdf) liegt hier ein Verständnis von Behinderung zu
    100 Grunde, das aus dem Wechselverhältnis zwischen Menschen mit
    101 Beeinträchtigungen und Barrieren in der Einstellung sowie
    102 der Umwelt entsteht und im Ergebnis die gleichberechtigte,
    103 uneingeschränkte und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft
    104 behindert. Man ist also nicht behindert, sondern wird
    105 mangels Barrierefreiheit und mangels angemessener
    106 Vorkehrungen, wie personaler und technologischer Assistenz,
    107 an der gesellschaftlichen Teilhabe behindert.] in der
    108 digitalen Welt muss befördert und beschleunigt werden. Die
    109 Digitalisierung weiter Teile des Lebens schafft gerade für
    110 Menschen mit Beeinträchtigungen zahlreiche neue
    111 Teilhabechancen. Gleichzeitig stellt die Digitalisierung
    112 und Durchdringung des Lebens durch das Internet Menschen
    113 mit Beeinträchtigungen vor neue Herausforderungen. Menschen
    114 mit Seh- oder Hörbehinderung sind oftmals mit dem Umstand
    115 konfrontiert, an wesentlichen Inhalten der Medienwelt nicht
    116 teilhaben zu können. Durch die Digitalisierung kompletter
    117 Lebensbereiche, somit auch in verschiedenen
    118 Arbeitskontexten, können Menschen mit Beeinträchtigungen
    119 von diesen, ins Digitale transformierten Bereichen komplett
    120 abgeschnitten sein. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind
    121 deshalb über die letzten Jahre und Jahrzehnte immer wieder
    122 mehr oder weniger geeignete Formen der Darbietung von
    123 medialen Inhalten entwickelt worden.
    124
    125 Ob die Digitalisierung auch zu realen Verbesserungen für
    126 Menschen mit Beeinträchtigungen führt, hängt ganz
    127 entscheidend davon ab, ob es Gesellschaft und Politik
    128 gelingt, entsprechende Anreize zu schaffen und
    129 voranzutreiben, um eine verbesserte digitale Teilhabe von
    130 Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern. Technische
    131 Strukturen dürfen für Menschen mit Beeinträchtigungen kein
    132 Hinderniss für eine Teilhabe am Arbeitsmarkt darstellen.
    133 Maßgebend sind hier das in Artikel 3 des Grundgesetzes
    134 verankerte Gleichbehandlungsprinzip von Menschen mit und
    135 ohne Behinderung sowie die auch von Deutschland
    136 ratifizierte UN-Konvention für Menschen mit Behinderung
    137 genauso wie einfachgesetzliche Normen wie das
    138 Behindertengleichstellungsgesetz und Verordnungen wie die
    139 "zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik“ (BITV).
    140
    141 Menschen mit Beeinträchtigungen können derzeit an vielen
    142 Angeboten, die durch digitalisierte und internetbasierte
    143 Dienste an- und dargeboten werden, nicht teilhaben. Dieses
    144 Problem entsteht, wenn bereits im Designprozess nicht die
    145 verschiedenen Fähigkeiten und Bedürfnisse von Menschen
    146 einbezogen werden. Zwei resultierende Probleme ergeben sich
    147 daraus: Einerseits kann die Ein- oder Ausgabe von
    148 Information technisch unmöglich oder mangelhaft sein, in
    149 dem beispielsweise keine Bildschirmtastatur zur
    150 vereinfachten Eingabe angeboten wird, bzw. Angeboten werden
    151 kann. Dies kann beispielsweise an unzureichender
    152 Programmierung von Software und Betriebssystemen und ihren
    153 Schnittstellen liegen. Andererseits kann ein bestimmtes
    154 Informationsangebot (beispielsweise eine Stellenbörse im
    155 Internet) auch logisch so aufgebaut sein, dass es sich nur
    156 über eine bestimmte Art, beispielsweise die visuelle
    157 Wahrnehmung, erschließen lässt und eine alternative
    158 Erfassung der Inhalte z.B. über Programme, die Texte
    159 vorlesen können, unmöglich ist. Hier gilt es Abhilfe zu
    160 schaffen.
    161
    162