3.3.3.4 Digitale Kooperation

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  • 3.3.3.4 Digitale Kooperation (Originalversion)

    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 Vertrauensbasierte Beziehungen sind insbesondere dort ein
    2 unabdingbarer Erfolgsfaktor, wo es um netzgestützte
    3 Zusammenarbeit standortverteilter Akteure und die
    4 Bereitstellung und Teilung von Wissen auf digitalen
    5 Plattformen geht. Solche neuen Formen kollaborativen
    6 Arbeitens, die sich der vielfältigen Möglichkeiten von
    7 Social Software [FN: Das Fraunhofer-Institut für
    8 Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) definiert Social
    9 Software als „webbasierte Anwendungen, die Menschen beim
    10 Informationsaustausch, dem Beziehungsaufbau und der
    11 Kommunikation in einem sozialen Kontext unterstützen und
    12 sich dabei an spezifischen Kriterien orientieren. Dabei
    13 steht der Aspekt der Interaktion und des sozialen
    14 Miteinanders im Vordergrund. Social Software ist geprägt von
    15 einer verstärkten Nutzerbeteiligung und hoher
    16 Interaktivität. […] Durch ihren simplen und intuitiven
    17 Aufbau unterstützen sie Mitarbeiter bei der Veröffentlichung
    18 von eigenen Inhalten oder tragen dazu bei, im Unternehmen
    19 existierende Kompetenzen transparent werden zu lassen sowie
    20 Beziehungen zwischen Mitarbeitern zu etablieren.“
    21 (Fraunhofer-IAO: Wissensmanagement 2.0 – Erfolgsfaktoren für
    22 das Wissensmanagement mit Social Software. 2010, S. 6)
    23 Unterscheiden lassen sich bei Social-Software-Anwendungen
    24 solche mit dem Fokus „Information“ (zum Beispiel Wikis,
    25 Twitter, Social Bookmarking), mit dem Fokus „Beziehungen“
    26 (Social Networks, Special Interest Communities) und mit dem
    27 Fokus „Kommunikation“ (Blogs, Instant Messaging) (vgl.
    28 Fraunhofer-IAO, Wissensmanagement 2.0 – Erfolgsfaktoren für
    29 das Wissensmanagement mit Social Software. 2010, S. 18ff.).
    30 ] bedienen, haben – nicht selten unter dem Label „Enterprise
    31 2.0“ [FN: „Enterprise 2.0 beschreibt den Einsatz von Web
    32 2.0-Werkzeugen in Unternehmen mit dem Ziel, interaktive
    33 Wertschöpfung durch offene und transparente Kommunikation
    34 und Zusammenarbeit zu fördern.“ Hellmuth, Dirk: Enterprise
    35 2.0 – (R)evolution der Unternehmensorganisation.
    36 Präsentation beim BITKOM AK Business Collaboration und
    37 Enterprise 2.0 am 21.03.2012 in Frankfurt. Abrufbar unter:
    38 http://www.trends2move.de/wordpress/?p=394] – mittlerweile
    39 auf breiter Front Einzug in den Arbeitsalltag gehalten und
    40 werden dort mit zunehmender Intensität genutzt.
    41 Entsprechende Anwendungen „bieten großes Potenzial für den
    42 Einsatz in Unternehmen. […] Einerseits kann Social Software
    43 in unternehmensinternen Bereichen wie dem Management von
    44 Beziehungen, Wissen und Innovationen, z. B. in Forschung und
    45 Entwicklung oder dem Vertrieb eingesetzt werden.
    46 Andererseits kann Social Software in unternehmensexternen
    47 Bereichen wie Marketing und Kundenservice Anwendung finden.“
    48 [FN: Fraunhofer-IAO: Wissensmanagement 2.0 – Erfolgsfaktoren
    49 für das Wissensmanagement mit Social Software. 2010, S. 26.]
    50 Einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey zufolge
    51 können Unternehmen, die die Möglichkeiten des Web 2.0 für
    52 sich ausschöpfen, ihre Leistung im Schnitt um 5 Prozent
    53 steigern. [FN: Vgl. Werle, Klaus: Unter App-aratschiks.
    54 manager magazin 2/2012.] Die rasante Ausbreitung und
    55 verstärkte Nutzung kollaborativer Werkzeuge scheint jedoch
    56 nicht allein – möglicherweise noch nicht einmal primär –
    57 durch managementseitige Rationalisierungs- und
    58 Optimierungsmotive getrieben, sondern dürfte auch den
    59 Interessen und Usancen eines steigenden Anteils von
    60 Erwerbstätigen entsprechen: „Die sogenannten Digital Natives
    61 [ziehen] in die Arbeitswelt ein, also junge Menschen, die
    62 mit dem Netz groß geworden sind. Sie erwarten
    63 selbstverständlich im Job die gleichen Tools nutzen zu
    64 können wie im Privatleben.“ [FN: Gillies, Constantin:
    65 Digital Natives fordern Führungskräfte heraus.
    66 VDI-Nachrichten vom 06. Januar 2012. Abrufbar unter:
    67 http://www.vdi-nachrichten.com/artikel/Digital-Natives-forde
    68 rn-Fuehrungskraefte-heraus/56690/4 ]
    69
    70 In Deutschland nutzten im Jahr 2010 laut einer Befragung des
    71 Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bereits
    72 22 Prozent der Unternehmen „Wikis, Blogs, soziale
    73 Online-Netzwerke oder Kollaborationsplattformen“ [FN: ZEW:
    74 Interaktiv, mobil, international – Unternehmen im Zeitalter
    75 von Web 2.0. ZEW-IKT-Report September 2010, S. 1. Deutlich
    76 überdurchschnittliche Nutzungsanteile wiesen hier die
    77 Branchencluster IT-Dienste / Telekommunikation (62 Prozent),
    78 Mediendienstleistungen (39 Prozent) und Unternehmensberatung
    79 / Werbung (38 Prozent) auf.] – und dieser Prozentsatz dürfte
    80 sich zwischenzeitlich noch deutlich erhöht haben und in
    81 absehbarer Zukunft weiter steigen. Vorrangiger Einsatzzweck
    82 war dabei das Wissensmanagement (75 Prozent), gefolgt von
    83 Kommunikationsanwendungen mit Kunden (66 Prozent), externen
    84 Partnern (65 Prozent) und internen Akteuren (64 Prozent)
    85 sowie die gemeinsame Arbeit in Projekten (62 Prozent). [FN:
    86 Vgl. ZEW: Interaktiv, mobil, international – Unternehmen im
    87 Zeitalter von Web 2.0. ZEW-IKT-Report September 2010, S. 2.]
    88 Noch sind die langfristigen Konsequenzen der
    89 „Facebookisierung“ [FN: So Prof. Wolfgang Prinz vom
    90 Fraunhofer Institut für angewandte Informationstechnik – FIT
    91 (zitiert nach Gillies, Constantin: Digital Natives fordern
    92 Führungskräfte heraus. VDI-Nachrichten vom 06. Januar
    93 2012.).] der Unternehmen für deren Organisations- und
    94 Kommunikationskultur allenfalls in Umrissen erkennbar.
    95 Gleichwohl lässt sich bereits heute ein breiter Konsens
    96 dahin gehend konstatieren, dass sich im „Enterprise 2.0“,
    97 sofern dieses Konzept ernsthaft verfolgt wird, die
    98 Zusammenarbeit grundlegend ändert und sich intensiver,
    99 informeller und weniger hierarchisch gestaltet als dies
    100 traditionellerweise der Fall war. Deshalb erfordert „die
    101 Einführung von Social Software […] Mut und Offenheit von
    102 Unternehmen. Eine grundlegende Voraussetzung für die
    103 Akzeptanz und Nutzung […] ist, dass im Unternehmen insgesamt
    104 eine Struktur flacher Hierarchien verbunden mit hoher
    105 Eigenverantwortung der Organisationseinheiten und
    106 Mitarbeiter gepflegt wird. Wichtig ist dabei eine Kultur des
    107 Vertrauens und des offenen Meinungsaustauschs.“ [FN:
    108 Fraunhofer-IAO: Wissensmanagement 2.0 – Erfolgsfaktoren für
    109 das Wissensmanagement mit Social Software. 2010, S. 9.] Wenn
    110 es zutrifft, dass „Führung […] demokratisch werden [muss]“
    111 [FN: So Prof. Thorsten Petry von der Wiesbaden Business
    112 School (zitiert nach Gillies, Constantin: Digital Natives
    113 fordern Führungskräfte heraus. VDI-Nachrichten vom 06.
    114 Januar 2012).], um digitale Kooperation und Wissensteilung
    115 zum Erfolg zu führen, so beschreibt diese Analyse eine
    116 eminente Herausforderung für die Qualifizierung heutiger und
    117 künftiger Generationen des Managements, aber auch der
    118 Belegschaften.
    119
    120 Mit den vertrauensbasierten Grundprinzipien eines
    121 erfolgreichen „Enterprise 2.0“ kaum kompatibel dürften auch
    122 restriktive Regelungen zur privaten Internetnutzung in der
    123 Arbeitswelt sein. Einer Erhebung des BITKOM zufolge lassen
    124 bereits 59 Prozent der deutschen Unternehmen eine solche
    125 Nutzung durch ihre Beschäftigten zu, während dies von 30
    126 Prozent der Unternehmen komplett untersagt wird und 11
    127 Prozent bislang noch auf eine Regelung dieses Problems
    128 verzichten. [FN: Vgl. BITKOM: Die meisten Unternehmen
    129 erlauben private Internetnutzung am Arbeitsplatz.
    130 Pressemitteilung vom 26. März 2012. Abrufbar unter:
    131 http://www.bitkom.org/de/presse/8477_71631.aspx ] Dem
    132 Ratschlag des BITKOM an die Unternehmen, „dem Thema offen
    133 gegenüberzustehen und den Mitarbeitern mit einem
    134 Vertrauensvorschuss zu begegnen“, kommt nicht nur im Blick
    135 auf das Ziel einer nachhaltigen Produktivität von
    136 Web-2.0-Anwendungen eine nicht geringe Plausibilität zu,
    137 sondern auch im Zusammenhang mit der Sicherung der
    138 Attraktivität von Arbeitgebern. So ergab eine Studie der
    139 IT-Sicherheitsfirma Clearswift aus dem Jahr 2011, dass „21 %
    140 der Arbeitnehmer […] einen Job ablehnen [würden], wenn das
    141 Unternehmen Social Networks wie Facebook und private
    142 E-Mail-Nutzung während der Arbeitszeit verbietet“. [FN:
    143 Gillies, Constantin: Digital Natives fordern Führungskräfte
    144 heraus. VDI-Nachrichten vom 06. Januar 2012.]
    145
    146 Gleichwohl treten bei einer sowohl beruflichen wie privaten
    147 Nutzung sozialer Netzwerke wie etwa Facebook
    148 Abgrenzungsprobleme und Risiken für Unternehmen und
    149 Beschäftigte auf, zu deren Vermeidung sich – tunlichst im
    150 Konsens mit den Belegschaften und ihren
    151 Interessenvertretungen entwickelte – Richtlinien und
    152 Verhaltensregelungen empfehlen, wie es sie auch bereits in
    153 zahlreichen deutschen Firmen gibt. [FN: Vgl. Buggisch,
    154 Christian: Deutsche Social Media Guidelines. 2011. Abrufbar
    155 unter:
    156 http://buggisch.wordpress.com/2011/10/12/deutsche-social-med
    157 ia-guidelines
    158 ] Solche Guidelines sollten Orientierungen zu einem
    159 adäquaten Kommunikationsverhalten, rechtlichen
    160 Rahmenbedingungen (Urheberrecht, Datenschutz) und
    161 Sicherheitsaspekten geben und entsprechende
    162 Qualifikationskonzepte vorsehen. Ein wichtiges Ziel
    163 entsprechender Regelungen muss es sein, die Akteure dabei zu
    164 unterstützen, „ihre Social-Media-Nutzung so zu organisieren,
    165 dass sie Berufliches und Privates überein bekommen“. [FN:
    166 Hans-Böckler-Stiftung: Soziale Medien (Stand 21. März 2012).
    167 Abrufbar unter: http://www.boeckler.de/33760.htm ]