1 | Der Gliederungspunkt 2.2.1 umfasst im Arbeitsprogramm |
2 | mehrere Spiegelstriche mit verschiedenen Aspekten. Zu den |
3 | Punkten Digitalisierung als Produktionsfaktor, Rolle von |
4 | Algorithmen etwa beim Börsenhandel, bei den Empfehlungen |
5 | von Handelsportalen, in der Kreativwirtschaft |
6 | (Contentfarmen) hat sich die Projektgruppe in ihrer Sitzung |
7 | vom 21.11.2011 auf den folgenden Text verständigt. |
8 | |
9 | |
10 | Bitte beachten Sie auch |
11 | 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und |
12 | 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - |
13 | Teil 3 |
14 | |
15 | |
16 | |
17 | 2. Contentfarmen |
18 | |
19 | Als Contentfarmen werden mitunter automatisch generierte |
20 | Webseiten bezeichnet, die durch geschickte Search Engine |
21 | Optimization user auf ihre Seite zu locken versuchen. Darum |
22 | soll es hier nicht gehen, sondern um Inhalteanbieter wie |
23 | „Demand Media“, deren Geschäft darin besteht, die Daten von |
24 | Suchmaschinen auszuwerten, um dann maßgeschneiderte Inhalte |
25 | zu produzieren. Also nicht um Crawler, die bereits |
26 | publizierte Inhalte scannen und auf eigenen Seiten neu |
27 | zusammensetzen oder verlinken, sondern um Anbieter, die |
28 | „eigene“, suchmaschinenoptimierte Inhalte produzieren. |
29 | |
30 | Im Januar 2010 sorgte Richard Rosenblatt, Mitgründer und |
31 | CEO von Demand Media, mit einem Manifest seiner |
32 | Firmenphilosophie für Aufruhr. Demand Media produziere |
33 | „content that is unequivocally useful“, investiere in seine |
34 | „freelancer community“ und arbeite grundsätzlich so |
35 | kundenorientiert wie möglich. „Our target audience tells us |
36 | they want incredibly specific information and we deliver |
37 | exactly that – in a style that the average consumer |
38 | appreciates and understands. So, while we love to read The |
39 | Economist, The Washington Post and Wired – we have little |
40 | in common with their missions or business models.“ [FN: |
41 | http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a |
42 | nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/] |
43 | |
44 | Demand Media produziert seit 2007 Content für Seiten wie |
45 | eHow, Livestrong.com, Cracked.com und andere, und zwar |
46 | nicht nur Texte, sondern auch kurze Videos. Besonders |
47 | bekannt ist die Firma für ihre Gebrauchsanweisungen: Wie |
48 | trage ich Make-up richtig auf? Wie finde ich die richtige |
49 | Aktie für mein Portfolio? Welches Yoga hilft bei |
50 | Rückenschmerzen? Welche Inhalte produziert werden, |
51 | entscheiden nicht Redakteure. Die Firma analysiert Daten |
52 | von Suchmaschinenanfragen sowie aus Social Media, die teils |
53 | über offene Schnittstellen frei verfügbar sind, teils |
54 | kommerziell erworben werden können. So werden die am |
55 | meisten nachgefragten Themen herausgefiltert. Anschließend |
56 | wird nach Angeboten von Werbetreibenden gesucht, die zu |
57 | Artikeln über diese Themen Werbung schalten würden, |
58 | insbesondere Google Ads, und der entsprechende Return of |
59 | Investment berechnet. Scheint das Erstellen des Inhalts |
60 | profitabel, wird ein Angebot zur Auftragsvergabe in eine |
61 | Datenbank eingestellt, die von journalistischen Freelancer |
62 | genutzt wird. |
63 | |
64 | Der Unterschied zum traditionellen Journalismus ist klar. |
65 | Während bei Zeitungen und Rundfunkanstalten Redakteure |
66 | beschäftigt werden, die Themen nach Relevanz zur |
67 | Publikation auswählen, gibt bei Contentfarmen der zu |
68 | erwartende Werbeerlös den Ausschlag dafür, ob ein |
69 | bestimmter Inhalt recherchiert, verfasst und publiziert |
70 | wird. Möglich wird dies durch eine automatisierte Analyse |
71 | der Nachfrage bzw. des Leserinteresses, welche mit einer |
72 | ebenfalls automatisierten Erhebung der Online-Werbeerlöse |
73 | abgeglichen wird. |
74 | |
75 | Contentfarmen werden einerseits von den traditionellen |
76 | Medien stark kritisiert: „Journalismus von der Resterampe“ |
77 | titelt etwa die FAZ am 16. Februar 2010 und führt aus: |
78 | „Wenn der Inhalt endgültig vom ‚Content‘ abgelöst ist, |
79 | steht dem Internet bald jene Zerrüttung bevor, wie sie |
80 | heute manche Innenstädte heimsucht, in denen |
81 | ‚55-Cent-Shops‘ und ‚Resterampen‘ alle altehrwürdigen |
82 | Geschäfte verdrängt haben.“ Andererseits wird behauptet, |
83 | Contentfarmen hätten freiberuflichen Journalisten zu mehr |
84 | Selbstständigkeit, einem höheren Einkommen und sogar zu |
85 | mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung verholfen. Dorian |
86 | Benkoil schreibt bei Mediashift: „Think of the power the |
87 | new tools give journalists, including ones working for such |
88 | venerated institutions as the New York Times, to reach |
89 | beyond the confines of their publications and personally |
90 | assemble communities of readers, viewers and participants |
91 | around the journalism they create, while also developing |
92 | leads and sources. That's more traffic for the publication, |
93 | more influence and voice for the journalists. The tools |
94 | also give people working for the content farms, also known |
95 | as content mills, the ability to quickly get their work |
96 | done and in some cases earn an hourly wage well beyond |
97 | journalists' typical starting salaries.“ [FN: |
98 | http://www.pbs.org/mediashift/2010/07/dont-blame-the-content |
99 | -farms207.html ] |
100 | |
101 | Es mag dahingestellt bleiben, ob die Fließbandproduktion |
102 | von Artikeln zu Themen wie “Wie kocht man ein Ei?“ oder |
103 | „Wie stellt man einen Screenshot her?“ tatsächlich zu einem |
104 | größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung oder einer |
105 | engeren Leserbindung führt. Auch die Honorare sind nicht |
106 | rosig: 20 Dollar zahlt Demand Media für ein einzelnes |
107 | Video, 15 Dollar für das Schreiben eines Artikels von 300 |
108 | Wörtern, 3,50 Dollar für das Redigieren eines solchen |
109 | Textes. [FN: |
110 | http://www.demandstudios.com/freelance-work.html ] In |
111 | Deutschland liegen die Honorare noch niedriger: content.de |
112 | zahlt beispielsweise im Schnitt 10 Euro für einen Artikel |
113 | von 500 Wörtern. [FN: |
114 | http://www.content.de/common/contractor_rates ] Andere |
115 | Anbieter, wie Suite101, bieten gar kein Grundhonorar, |
116 | sondern nur Beteiligungen: „Diese ergeben sich aus einem, |
117 | auf dem Ermessen von Suite101 und seinen Werbepartnern |
118 | beruhenden, Anteil der Werbeumsätze jener Unterseiten der |
119 | Webseite, auf denen Inhalte des Autoren vollständig |
120 | erscheinen“, heißt es im Vertrag. [FN: |
121 | http://graphics.suite101.com/Suite101_Autorenvertrag.pdf ] |
122 | Offenkundig richten sich solche Angebote nicht nur an |
123 | professionelle Journalisten, sondern auch an Laien, die |
124 | sich ein Zubrot verdienen möchten. |
125 | |
126 | Contentfarmen machen gute Geschäfte. Demand Media ist am |
127 | 25.01.2011 sogar an die Börse gegangen, mit einer Bewertung |
128 | von mehr als 1 Milliarde Euro, und platzierte Aktien für |
129 | gut 110 Millionen Euro. [FN: |
130 | http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/IPO-Demand-Media-ge |
131 | ht-mit-Milliarden-Bewertung-an-die-Boerse-1018948] Nach |
132 | sechs Wochen war der Kurs von unter 15 auf 17 Euro |
133 | gestiegen. Im April 2011 stürzte er jedoch jäh auf 10 Euro |
134 | ab. |
135 | |
136 | Grund war das berühmt-berüchtigte Panda-Update, mit dem |
137 | Google seinen Suchalgorithmus verbessert hatte. Panda war |
138 | bereits seit Ende Februar 2011 in den USA aktiv, wurde |
139 | jedoch erst Mitte April auf alle englischsprachigen Seiten |
140 | ausgedehnt. Prompt fielen die Klickraten des Flaggschiffs |
141 | eHow.com um 66%, wie sich anhand des |
142 | Sixtrix-Sichtbarkeitsindex nachvollziehen ließ. [FN: |
143 | http://www.sistrix.de/news/991-panda-vol.-ii-ehow.com-hat-es |
144 | -dieses-mal-erwischt.html Demand Media selbst hat die |
145 | Zahlen allerdings als übertrieben bezeichnet.] |
146 | Suite101.com, Mutterunternehmen des gleichnamigen deutschen |
147 | Anbieters, hatte bereits im Februar Popularitätsverluste |
148 | von 94% hinnehmen müssen. [FN: |
149 | http://www.sistrix.de/news/985-algorithmus-nderung-google-su |
150 | cht-nach-qualit-t.html ] |
151 | |
152 | Dass Google seinen Suchalgorithmus geändert hat, ist |
153 | allgemein als Zeichen dafür gewertet worden, dass der |
154 | Suchmaschinenanbieter versuchte, seine Ergebnislisten zu |
155 | verbessern. Content, den die Nutzer angesichts ihres |
156 | Surfverhaltens offensichtlich für weniger relevant |
157 | erachteten, sollte nicht allein aufgrund der Bemühungen von |
158 | Suchmaschinen-Optimierern weit oben in den Trefferlisten |
159 | rangieren. [FN: |
160 | http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/go |
161 | ogle-plant-die-such-revolution/4296626.html?p4296626=all ] |
162 | Das ist verständlich, widerspricht jedoch dem, was die |
163 | Anbieter von Content-Farmen immer wieder beteuern [FN: |
164 | http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a |
165 | nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/], dass nämlich |
166 | gerade sie ausschließlich die Interessen der Nutzer im |
167 | Blick hätten. So sagt beispielsweise Peter Berger, |
168 | Geschäftsführer von Suite101.de: „Entscheidend ist: Wir |
169 | haben unser Modell nicht darauf aufgebaut, als wüssten wir |
170 | vorher, was Leser im Internet interessiert.“ [FN: |
171 | http://medialdigital.de/2010/01/29/suite101/] |
172 | Offensichtlich kommen die Entwickler von Suchmaschinen |
173 | hinsichtlich der Bewertung des Contents zum gegenteiligen |
174 | Ergebnis: dass nämlich die Inhalte der Contentfarmen gerade |
175 | nicht dem entsprechen, was die user der Suchmaschinen in |
176 | der Regel suchen. |
177 | |
178 | Langfristig ist fraglich, wie weit das Geschäftsmodell der |
179 | Content-Farmen trägt bzw. wie es sich weiterentwickelt. Der |
180 | Kampf der Suchmaschinenoptimierer gegen die |
181 | Algorithmen-Entwickler der Suchmaschinen wird auf Dauer |
182 | nicht zu gewinnen sein. Entsprechend haben die Farmen |
183 | mittlerweile das Geschäftsfeld Syndikation ausgeweitet und |
184 | setzen zunehmend darauf, ihren Content an klassische Medien |
185 | zu lizenzieren. [FN: |
186 | http://www.guardian.co.uk/media/2010/feb/11/digital-media-ch |
187 | arging-for-content ] Längst integriert beispielsweise in |
188 | den USA der Fernsehsender USA Today für seine „Travel Tips“ |
189 | Inhalte, die auf der Basis einer Analyse von Suchanfragen |
190 | erstellt werden. [FN: http://traveltips.usatoday.com/] |
191 | Zweifellos wird sich dieser Trend fortsetzen. Es ist |
192 | denkbar, dass reine Content-Farmen langfristig zu |
193 | Agenturdienstleistern werden, deren Inhalte von klassischen |
194 | Medien ebenso eingekauft werden wie heute Zeitungen die |
195 | Texte von Presseagenturen abonnieren. Content-Farming hätte |
196 | sich dann vor allem als eine neue Variante des Outsourcings |
197 | und Lohndumpings erwiesen. |
198 | |
199 | Dies wird in erster Linie eine Herausforderung für die |
200 | Gewerkschaften sein. Eine angemessene Vergütung für neue |
201 | journalistische Produktionsformen durchzusetzen, wird den |
202 | Interessenvertretungen umso schwerer fallen, je weniger |
203 | Auftragnehmer der Plattformen überhaupt gewerkschaftlich |
204 | organisiert sind. |
205 | Auch stellt sich die Frage, was es für die |
206 | Informationsfreiheit bedeutet, wenn Inhalte, die sich nicht |
207 | unmittelbar über Werbeerlöse monetarisieren lassen, kaum |
208 | mehr professionell produziert werden. Zwar war Journalismus |
209 | seit jeher von Werbeeinnahmen abhängig, doch nie zuvor |
210 | bestand die Möglichkeit, die Bezahlung der Inhalte derartig |
211 | eng an ihr kommerzielles Erlöspotenzial zu koppeln. Wenn |
212 | wenig werbeaffine Inhalte aufgrund der vorherrschenden |
213 | Geschäftsmodelle der Auftraggeber von Autoren, Fotografen |
214 | und sonstigen Urhebern von vornherein nicht mehr produziert |
215 | werden, ist das einer demokratiefähigen Öffentlichkeit |
216 | sicher nicht zuträglich. |
217 | |
218 | Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass die |
219 | traditionellen Instrumente der Medienregulierung sich kaum |
220 | nahtlos auf das Internet übertragen lassen. Angesichts |
221 | einer versagenden Medienregulierung herrscht deshalb häufig |
222 | ein rein wettbewerbsrechtlicher Regulierungsansatz vor. |
223 | Aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung der „information |
224 | economies“ für Gesellschaft und Demokratie ist jedoch |
225 | fraglich, ob dies ausreicht, ob also eine ausschließlich |
226 | auf das Funktionieren des Marktes abstellende Regulierung |
227 | der Tatsache ausreichend Rechnung trägt, dass die Auswahl |
228 | und Verfügbarmachung von Informationen für eine vitale |
229 | öffentliche Sphäre und ein funktionierendes demokratisches |
230 | Gemeinweisen von zentraler Bedeutung sind. Denkbar wäre, |
231 | Prinzipien der wirtschaftlichen Regulierung einzuführen, |
232 | die nicht in erster Linie auf den Schutz des Marktes |
233 | abzielen, sondern eher auf die Verfasstheit einer |
234 | wesentlich von diesem Markt bestimmten Öffentlichkeit. Hier |
235 | wäre etwa daran zu denken, die Bewahrung einer offenen und |
236 | allen Kommunikationsteilnehmern gleichberechtigt zur |
237 | Verfügung stehenden Infrastruktur zu einer öffentlichen, da |
238 | Vielfalt und Demokratie sichernden Aufgabe zu erklären, |
239 | welcher der Gesetzgeber auch unabhängig von einem etwaigen |
240 | Marktversagen nachkommen müsste. Als stärkstes |
241 | regulatorisches Mittel wäre dann etwa ein Verbot vertikaler |
242 | Integration zu erwägen, sozusagen als Entsprechung zum aus |
243 | der analogen Welt bekannten Prinzip der Grundversorgung. |
244 | Dies würde darauf hinauslaufen, dass Inhalteanbieter |
245 | grundsätzlich nicht zugleich die entscheidenden Gatekeeper |
246 | für den Zugang zu Informationen sein dürfen, also nicht in |
247 | der Lage sein dürften, die entsprechende Infrastruktur zu |
248 | kontrollieren. Die Durchsetzung derartiger |
249 | „Sphärentrennung“ wäre kein medienregulatorisches, sondern |
250 | ein rein wirtschaftliches Regulierungsinstrument. |
251 | |
252 | |
253 | Bitte beachten Sie auch |
254 | 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und |
255 | 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - |
256 | Teil 3 |
1-4 von 4
-
2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - Teil 2 (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegt -
2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - Teil 2 (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegtDiese Version hat keinen Text. -
2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - Teil 2 (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegt1 2. Contentfarmen 2 3 Als Contentfarmen werden mitunter automatisch generierte 4 Webseiten bezeichnet, die durch geschickte Search Engine 5 Optimization user auf ihre Seite zu locken versuchen. Darum 6 soll es hier nicht gehen, sondern um Inhalteanbieter wie 7 „Demand Media“, deren Geschäft darin besteht, die Daten von 8 Suchmaschinen auszuwerten, um dann maßgeschneiderte Inhalte 9 zu produzieren. Also nicht um Crawler, die bereits 10 publizierte Inhalte scannen und auf eigenen Seiten neu 11 zusammensetzen oder verlinken, sondern um Anbieter, die 12 „eigene“, suchmaschinenoptimierte Inhalte produzieren. 13 14 Im Januar 2010 sorgte Richard Rosenblatt, Mitgründer und 15 CEO von Demand Media, mit einem Manifest seiner 16 Firmenphilosophie für Aufruhr. Demand Media produziere 17 „content that is unequivocally useful“, investiere in seine 18 „freelancer community“ und arbeite grundsätzlich so 19 kundenorientiert wie möglich. „Our target audience tells us 20 they want incredibly specific information and we deliver 21 exactly that – in a style that the average consumer 22 appreciates and understands. So, while we love to read The 23 Economist, The Washington Post and Wired – we have little 24 in common with their missions or business models.“ [FN: 25 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a 26 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/] 27 28 Demand Media produziert seit 2007 Content für Seiten wie 29 eHow, Livestrong.com, Cracked.com und andere, und zwar 30 nicht nur Texte, sondern auch kurze Videos. Besonders 31 bekannt ist die Firma für ihre Gebrauchsanweisungen: Wie 32 trage ich Make-up richtig auf? Wie finde ich die richtige 33 Aktie für mein Portfolio? Welches Yoga hilft bei 34 Rückenschmerzen? Welche Inhalte produziert werden, 35 entscheiden nicht Redakteure. Die Firma analysiert Daten 36 von Suchmaschinenanfragen sowie aus Social Media, die teils 37 über offene Schnittstellen frei verfügbar sind, teils 38 kommerziell erworben werden können. So werden die am 39 meisten nachgefragten Themen herausgefiltert. Anschließend 40 wird nach Angeboten von Werbetreibenden gesucht, die zu 41 Artikeln über diese Themen Werbung schalten würden, 42 insbesondere Google Ads, und der entsprechende Return of 43 Investment berechnet. Scheint das Erstellen des Inhalts 44 profitabel, wird ein Angebot zur Auftragsvergabe in eine 45 Datenbank eingestellt, die von journalistischen Freelancer 46 genutzt wird. 47 48 Der Unterschied zum traditionellen Journalismus ist klar. 49 Während bei Zeitungen und Rundfunkanstalten Redakteure 50 beschäftigt werden, die Themen nach Relevanz zur 51 Publikation auswählen, gibt bei Contentfarmen der zu 52 erwartende Werbeerlös den Ausschlag dafür, ob ein 53 bestimmter Inhalt recherchiert, verfasst und publiziert 54 wird. Möglich wird dies durch eine automatisierte Analyse 55 der Nachfrage bzw. des Leserinteresses, welche mit einer 56 ebenfalls automatisierten Erhebung der Online-Werbeerlöse 57 abgeglichen wird. 58 59 Contentfarmen werden einerseits von den traditionellen 60 Medien stark kritisiert: „Journalismus von der Resterampe“ 61 titelt etwa die FAZ am 16. Februar 2010 und führt aus: 62 „Wenn der Inhalt endgültig vom ‚Content‘ abgelöst ist, 63 steht dem Internet bald jene Zerrüttung bevor, wie sie 64 heute manche Innenstädte heimsucht, in denen 65 ‚55-Cent-Shops‘ und ‚Resterampen‘ alle altehrwürdigen 66 Geschäfte verdrängt haben.“ Andererseits wird behauptet, 67 Contentfarmen hätten freiberuflichen Journalisten zu mehr 68 Selbstständigkeit, einem höheren Einkommen und sogar zu 69 mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung verholfen. Dorian 70 Benkoil schreibt bei Mediashift: „Think of the power the 71 new tools give journalists, including ones working for such 72 venerated institutions as the New York Times, to reach 73 beyond the confines of their publications and personally 74 assemble communities of readers, viewers and participants 75 around the journalism they create, while also developing 76 leads and sources. That's more traffic for the publication, 77 more influence and voice for the journalists. The tools 78 also give people working for the content farms, also known 79 as content mills, the ability to quickly get their work 80 done and in some cases earn an hourly wage well beyond 81 journalists' typical starting salaries.“ [FN: 82 http://www.pbs.org/mediashift/2010/07/dont-blame-the-content 83 -farms207.html ] 84 85 Es mag dahingestellt bleiben, ob die Fließbandproduktion 86 von Artikeln zu Themen wie “Wie kocht man ein Ei?“ oder 87 „Wie stellt man einen Screenshot her?“ tatsächlich zu einem 88 größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung oder einer 89 engeren Leserbindung führt. Auch die Honorare sind nicht 90 rosig: 20 Dollar zahlt Demand Media für ein einzelnes 91 Video, 15 Dollar für das Schreiben eines Artikels von 300 92 Wörtern, 3,50 Dollar für das Redigieren eines solchen 93 Textes. [FN: 94 http://www.demandstudios.com/freelance-work.html ] In 95 Deutschland liegen die Honorare noch niedriger: content.de 96 zahlt beispielsweise im Schnitt 10 Euro für einen Artikel 97 von 500 Wörtern. [FN: 98 http://www.content.de/common/contractor_rates ] Andere 99 Anbieter, wie Suite101, bieten gar kein Grundhonorar, 100 sondern nur Beteiligungen: „Diese ergeben sich aus einem, 101 auf dem Ermessen von Suite101 und seinen Werbepartnern 102 beruhenden, Anteil der Werbeumsätze jener Unterseiten der 103 Webseite, auf denen Inhalte des Autoren vollständig 104 erscheinen“, heißt es im Vertrag. [FN: 105 http://graphics.suite101.com/Suite101_Autorenvertrag.pdf ] 106 Offenkundig richten sich solche Angebote nicht nur an 107 professionelle Journalisten, sondern auch an Laien, die 108 sich ein Zubrot verdienen möchten. 109 110 Contentfarmen machen gute Geschäfte. Demand Media ist am 111 25.01.2011 sogar an die Börse gegangen, mit einer Bewertung 112 von mehr als 1 Milliarde Euro, und platzierte Aktien für 113 gut 110 Millionen Euro. [FN: 114 http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/IPO-Demand-Media-ge 115 ht-mit-Milliarden-Bewertung-an-die-Boerse-1018948] Nach 116 sechs Wochen war der Kurs von unter 15 auf 17 Euro 117 gestiegen. Im April 2011 stürzte er jedoch jäh auf 10 Euro 118 ab. 119 120 Grund war das berühmt-berüchtigte Panda-Update, mit dem 121 Google seinen Suchalgorithmus verbessert hatte. Panda war 122 bereits seit Ende Februar 2011 in den USA aktiv, wurde 123 jedoch erst Mitte April auf alle englischsprachigen Seiten 124 ausgedehnt. Prompt fielen die Klickraten des Flaggschiffs 125 eHow.com um 66%, wie sich anhand des 126 Sixtrix-Sichtbarkeitsindex nachvollziehen ließ. [FN: 127 http://www.sistrix.de/news/991-panda-vol.-ii-ehow.com-hat-es 128 -dieses-mal-erwischt.html Demand Media selbst hat die 129 Zahlen allerdings als übertrieben bezeichnet.] 130 Suite101.com, Mutterunternehmen des gleichnamigen deutschen 131 Anbieters, hatte bereits im Februar Popularitätsverluste 132 von 94% hinnehmen müssen. [FN: 133 http://www.sistrix.de/news/985-algorithmus-nderung-google-su 134 cht-nach-qualit-t.html ] 135 136 Dass Google seinen Suchalgorithmus geändert hat, ist 137 allgemein als Zeichen dafür gewertet worden, dass der 138 Suchmaschinenanbieter versuchte, seine Ergebnislisten zu 139 verbessern. Content, den die Nutzer angesichts ihres 140 Surfverhaltens offensichtlich für weniger relevant 141 erachteten, sollte nicht allein aufgrund der Bemühungen von 142 Suchmaschinen-Optimierern weit oben in den Trefferlisten 143 rangieren. [FN: 144 http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/go 145 ogle-plant-die-such-revolution/4296626.html?p4296626=all ] 146 Das ist verständlich, widerspricht jedoch dem, was die 147 Anbieter von Content-Farmen immer wieder beteuern [FN: 148 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a 149 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/], dass nämlich 150 gerade sie ausschließlich die Interessen der Nutzer im 151 Blick hätten. So sagt beispielsweise Peter Berger, 152 Geschäftsführer von Suite101.de: „Entscheidend ist: Wir 153 haben unser Modell nicht darauf aufgebaut, als wüssten wir 154 vorher, was Leser im Internet interessiert.“ [FN: 155 http://medialdigital.de/2010/01/29/suite101/] 156 Offensichtlich kommen die Entwickler von Suchmaschinen 157 hinsichtlich der Bewertung des Contents zum gegenteiligen 158 Ergebnis: dass nämlich die Inhalte der Contentfarmen gerade 159 nicht dem entsprechen, was die user der Suchmaschinen in 160 der Regel suchen. 161 162 Langfristig ist fraglich, wie weit das Geschäftsmodell der 163 Content-Farmen trägt bzw. wie es sich weiterentwickelt. Der 164 Kampf der Suchmaschinenoptimierer gegen die 165 Algorithmen-Entwickler der Suchmaschinen wird auf Dauer 166 nicht zu gewinnen sein. Entsprechend haben die Farmen 167 mittlerweile das Geschäftsfeld Syndikation ausgeweitet und 168 setzen zunehmend darauf, ihren Content an klassische Medien 169 zu lizenzieren. [FN: 170 http://www.guardian.co.uk/media/2010/feb/11/digital-media-ch 171 arging-for-content ] Längst integriert beispielsweise in 172 den USA der Fernsehsender USA Today für seine „Travel Tips“ 173 Inhalte, die auf der Basis einer Analyse von Suchanfragen 174 erstellt werden. [FN: http://traveltips.usatoday.com/] 175 Zweifellos wird sich dieser Trend fortsetzen. Es ist 176 denkbar, dass reine Content-Farmen langfristig zu 177 Agenturdienstleistern werden, deren Inhalte von klassischen 178 Medien ebenso eingekauft werden wie heute Zeitungen die 179 Texte von Presseagenturen abonnieren. Content-Farming hätte 180 sich dann vor allem als eine neue Variante des Outsourcings 181 und Lohndumpings erwiesen. 182 183 Dies wird in erster Linie eine Herausforderung für die 184 Gewerkschaften sein. Eine angemessene Vergütung für neue 185 journalistische Produktionsformen durchzusetzen, wird den 186 Interessenvertretungen umso schwerer fallen, je weniger 187 Auftragnehmer der Plattformen überhaupt gewerkschaftlich 188 organisiert sind. 189 Auch stellt sich die Frage, was es für die 190 Informationsfreiheit bedeutet, wenn Inhalte, die sich nicht 191 unmittelbar über Werbeerlöse monetarisieren lassen, kaum 192 mehr professionell produziert werden. Zwar war Journalismus 193 seit jeher von Werbeeinnahmen abhängig, doch nie zuvor 194 bestand die Möglichkeit, die Bezahlung der Inhalte derartig 195 eng an ihr kommerzielles Erlöspotenzial zu koppeln. Wenn 196 wenig werbeaffine Inhalte aufgrund der vorherrschenden 197 Geschäftsmodelle der Auftraggeber von Autoren, Fotografen 198 und sonstigen Urhebern von vornherein nicht mehr produziert 199 werden, ist das einer demokratiefähigen Öffentlichkeit 200 sicher nicht zuträglich. 201 202 Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass die 203 traditionellen Instrumente der Medienregulierung sich kaum 204 nahtlos auf das Internet übertragen lassen. Angesichts 205 einer versagenden Medienregulierung herrscht deshalb häufig 206 ein rein wettbewerbsrechtlicher Regulierungsansatz vor. 207 Aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung der „information 208 economies“ für Gesellschaft und Demokratie ist jedoch 209 fraglich, ob dies ausreicht, ob also eine ausschließlich 210 auf das Funktionieren des Marktes abstellende Regulierung 211 der Tatsache ausreichend Rechnung trägt, dass die Auswahl 212 und Verfügbarmachung von Informationen für eine vitale 213 öffentliche Sphäre und ein funktionierendes demokratisches 214 Gemeinweisen von zentraler Bedeutung sind. Denkbar wäre, 215 Prinzipien der wirtschaftlichen Regulierung einzuführen, 216 die nicht in erster Linie auf den Schutz des Marktes 217 abzielen, sondern eher auf die Verfasstheit einer 218 wesentlich von diesem Markt bestimmten Öffentlichkeit. Hier 219 wäre etwa daran zu denken, die Bewahrung einer offenen und 220 allen Kommunikationsteilnehmern gleichberechtigt zur 221 Verfügung stehenden Infrastruktur zu einer öffentlichen, da 222 Vielfalt und Demokratie sichernden Aufgabe zu erklären, 223 welcher der Gesetzgeber auch unabhängig von einem etwaigen 224 Marktversagen nachkommen müsste. Als stärkstes 225 regulatorisches Mittel wäre dann etwa ein Verbot vertikaler 226 Integration zu erwägen, sozusagen als Entsprechung zum aus 227 der analogen Welt bekannten Prinzip der Grundversorgung. 228 Dies würde darauf hinauslaufen, dass Inhalteanbieter 229 grundsätzlich nicht zugleich die entscheidenden Gatekeeper 230 für den Zugang zu Informationen sein dürfen, also nicht in 231 der Lage sein dürften, die entsprechende Infrastruktur zu 232 kontrollieren. Die Durchsetzung derartiger 233 „Sphärentrennung“ wäre kein medienregulatorisches, sondern 234 ein rein wirtschaftliches Regulierungsinstrument. 235 236 237 Bitte beachten Sie auch 238 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und 239 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - 240 Teil 3 241 -
2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - Teil 2 (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegt1 Der Gliederungspunkt 2.2.1 umfasst im Arbeitsprogramm 2 mehrere Spiegelstriche mit verschiedenen Aspekten. Zu den 3 Punkten Digitalisierung als Produktionsfaktor, Rolle von 4 Algorithmen etwa beim Börsenhandel, bei den Empfehlungen 5 von Handelsportalen, in der Kreativwirtschaft 6 (Contentfarmen) hat sich die Projektgruppe in ihrer Sitzung 7 vom 21.11.2011 auf den folgenden Text verständigt. 8 9 10 (Bitte beachten Sie auch 11 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und 12 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - 13 Teil 3) 14 15 16 17 2. Contentfarmen 18 19 Als Contentfarmen werden mitunter automatisch generierte 20 Webseiten bezeichnet, die durch geschickte Search Engine 21 Optimization user auf ihre Seite zu locken versuchen. Darum 22 soll es hier nicht gehen, sondern um Inhalteanbieter wie 23 „Demand Media“, deren Geschäft darin besteht, die Daten von 24 Suchmaschinen auszuwerten, um dann maßgeschneiderte Inhalte 25 zu produzieren. Also nicht um Crawler, die bereits 26 publizierte Inhalte scannen und auf eigenen Seiten neu 27 zusammensetzen oder verlinken, sondern um Anbieter, die 28 „eigene“, suchmaschinenoptimierte Inhalte produzieren. 29 30 Im Januar 2010 sorgte Richard Rosenblatt, Mitgründer und 31 CEO von Demand Media, mit einem Manifest seiner 32 Firmenphilosophie für Aufruhr. Demand Media produziere 33 „content that is unequivocally useful“, investiere in seine 34 „freelancer community“ und arbeite grundsätzlich so 35 kundenorientiert wie möglich. „Our target audience tells us 36 they want incredibly specific information and we deliver 37 exactly that – in a style that the average consumer 38 appreciates and understands. So, while we love to read The 39 Economist, The Washington Post and Wired – we have little 40 in common with their missions or business models.“ [FN: 41 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a 42 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/] 43 44 Demand Media produziert seit 2007 Content für Seiten wie 45 eHow, Livestrong.com, Cracked.com und andere, und zwar 46 nicht nur Texte, sondern auch kurze Videos. Besonders 47 bekannt ist die Firma für ihre Gebrauchsanweisungen: Wie 48 trage ich Make-up richtig auf? Wie finde ich die richtige 49 Aktie für mein Portfolio? Welches Yoga hilft bei 50 Rückenschmerzen? Welche Inhalte produziert werden, 51 entscheiden nicht Redakteure. Die Firma analysiert Daten 52 von Suchmaschinenanfragen sowie aus Social Media, die teils 53 über offene Schnittstellen frei verfügbar sind, teils 54 kommerziell erworben werden können. So werden die am 55 meisten nachgefragten Themen herausgefiltert. Anschließend 56 wird nach Angeboten von Werbetreibenden gesucht, die zu 57 Artikeln über diese Themen Werbung schalten würden, 58 insbesondere Google Ads, und der entsprechende Return of 59 Investment berechnet. Scheint das Erstellen des Inhalts 60 profitabel, wird ein Angebot zur Auftragsvergabe in eine 61 Datenbank eingestellt, die von journalistischen Freelancer 62 genutzt wird. 63 64 Der Unterschied zum traditionellen Journalismus ist klar. 65 Während bei Zeitungen und Rundfunkanstalten Redakteure 66 beschäftigt werden, die Themen nach Relevanz zur 67 Publikation auswählen, gibt bei Contentfarmen der zu 68 erwartende Werbeerlös den Ausschlag dafür, ob ein 69 bestimmter Inhalt recherchiert, verfasst und publiziert 70 wird. Möglich wird dies durch eine automatisierte Analyse 71 der Nachfrage bzw. des Leserinteresses, welche mit einer 72 ebenfalls automatisierten Erhebung der Online-Werbeerlöse 73 abgeglichen wird. 74 75 Contentfarmen werden einerseits von den traditionellen 76 Medien stark kritisiert: „Journalismus von der Resterampe“ 77 titelt etwa die FAZ am 16. Februar 2010 und führt aus: 78 „Wenn der Inhalt endgültig vom ‚Content‘ abgelöst ist, 79 steht dem Internet bald jene Zerrüttung bevor, wie sie 80 heute manche Innenstädte heimsucht, in denen 81 ‚55-Cent-Shops‘ und ‚Resterampen‘ alle altehrwürdigen 82 Geschäfte verdrängt haben.“ Andererseits wird behauptet, 83 Contentfarmen hätten freiberuflichen Journalisten zu mehr 84 Selbstständigkeit, einem höheren Einkommen und sogar zu 85 mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung verholfen. Dorian 86 Benkoil schreibt bei Mediashift: „Think of the power the 87 new tools give journalists, including ones working for such 88 venerated institutions as the New York Times, to reach 89 beyond the confines of their publications and personally 90 assemble communities of readers, viewers and participants 91 around the journalism they create, while also developing 92 leads and sources. That's more traffic for the publication, 93 more influence and voice for the journalists. The tools 94 also give people working for the content farms, also known 95 as content mills, the ability to quickly get their work 96 done and in some cases earn an hourly wage well beyond 97 journalists' typical starting salaries.“ [FN: 98 http://www.pbs.org/mediashift/2010/07/dont-blame-the-content 99 -farms207.html ] 100 101 Es mag dahingestellt bleiben, ob die Fließbandproduktion 102 von Artikeln zu Themen wie “Wie kocht man ein Ei?“ oder 103 „Wie stellt man einen Screenshot her?“ tatsächlich zu einem 104 größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung oder einer 105 engeren Leserbindung führt. Auch die Honorare sind nicht 106 rosig: 20 Dollar zahlt Demand Media für ein einzelnes 107 Video, 15 Dollar für das Schreiben eines Artikels von 300 108 Wörtern, 3,50 Dollar für das Redigieren eines solchen 109 Textes. [FN: 110 http://www.demandstudios.com/freelance-work.html ] In 111 Deutschland liegen die Honorare noch niedriger: content.de 112 zahlt beispielsweise im Schnitt 10 Euro für einen Artikel 113 von 500 Wörtern. [FN: 114 http://www.content.de/common/contractor_rates ] Andere 115 Anbieter, wie Suite101, bieten gar kein Grundhonorar, 116 sondern nur Beteiligungen: „Diese ergeben sich aus einem, 117 auf dem Ermessen von Suite101 und seinen Werbepartnern 118 beruhenden, Anteil der Werbeumsätze jener Unterseiten der 119 Webseite, auf denen Inhalte des Autoren vollständig 120 erscheinen“, heißt es im Vertrag. [FN: 121 http://graphics.suite101.com/Suite101_Autorenvertrag.pdf ] 122 Offenkundig richten sich solche Angebote nicht nur an 123 professionelle Journalisten, sondern auch an Laien, die 124 sich ein Zubrot verdienen möchten. 125 126 Contentfarmen machen gute Geschäfte. Demand Media ist am 127 25.01.2011 sogar an die Börse gegangen, mit einer Bewertung 128 von mehr als 1 Milliarde Euro, und platzierte Aktien für 129 gut 110 Millionen Euro. [FN: 130 http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/IPO-Demand-Media-ge 131 ht-mit-Milliarden-Bewertung-an-die-Boerse-1018948] Nach 132 sechs Wochen war der Kurs von unter 15 auf 17 Euro 133 gestiegen. Im April 2011 stürzte er jedoch jäh auf 10 Euro 134 ab. 135 136 Grund war das berühmt-berüchtigte Panda-Update, mit dem 137 Google seinen Suchalgorithmus verbessert hatte. Panda war 138 bereits seit Ende Februar 2011 in den USA aktiv, wurde 139 jedoch erst Mitte April auf alle englischsprachigen Seiten 140 ausgedehnt. Prompt fielen die Klickraten des Flaggschiffs 141 eHow.com um 66%, wie sich anhand des 142 Sixtrix-Sichtbarkeitsindex nachvollziehen ließ. [FN: 143 http://www.sistrix.de/news/991-panda-vol.-ii-ehow.com-hat-es 144 -dieses-mal-erwischt.html Demand Media selbst hat die 145 Zahlen allerdings als übertrieben bezeichnet.] 146 Suite101.com, Mutterunternehmen des gleichnamigen deutschen 147 Anbieters, hatte bereits im Februar Popularitätsverluste 148 von 94% hinnehmen müssen. [FN: 149 http://www.sistrix.de/news/985-algorithmus-nderung-google-su 150 cht-nach-qualit-t.html ] 151 152 Dass Google seinen Suchalgorithmus geändert hat, ist 153 allgemein als Zeichen dafür gewertet worden, dass der 154 Suchmaschinenanbieter versuchte, seine Ergebnislisten zu 155 verbessern. Content, den die Nutzer angesichts ihres 156 Surfverhaltens offensichtlich für weniger relevant 157 erachteten, sollte nicht allein aufgrund der Bemühungen von 158 Suchmaschinen-Optimierern weit oben in den Trefferlisten 159 rangieren. [FN: 160 http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/go 161 ogle-plant-die-such-revolution/4296626.html?p4296626=all ] 162 Das ist verständlich, widerspricht jedoch dem, was die 163 Anbieter von Content-Farmen immer wieder beteuern [FN: 164 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a 165 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/], dass nämlich 166 gerade sie ausschließlich die Interessen der Nutzer im 167 Blick hätten. So sagt beispielsweise Peter Berger, 168 Geschäftsführer von Suite101.de: „Entscheidend ist: Wir 169 haben unser Modell nicht darauf aufgebaut, als wüssten wir 170 vorher, was Leser im Internet interessiert.“ [FN: 171 http://medialdigital.de/2010/01/29/suite101/] 172 Offensichtlich kommen die Entwickler von Suchmaschinen 173 hinsichtlich der Bewertung des Contents zum gegenteiligen 174 Ergebnis: dass nämlich die Inhalte der Contentfarmen gerade 175 nicht dem entsprechen, was die user der Suchmaschinen in 176 der Regel suchen. 177 178 Langfristig ist fraglich, wie weit das Geschäftsmodell der 179 Content-Farmen trägt bzw. wie es sich weiterentwickelt. Der 180 Kampf der Suchmaschinenoptimierer gegen die 181 Algorithmen-Entwickler der Suchmaschinen wird auf Dauer 182 nicht zu gewinnen sein. Entsprechend haben die Farmen 183 mittlerweile das Geschäftsfeld Syndikation ausgeweitet und 184 setzen zunehmend darauf, ihren Content an klassische Medien 185 zu lizenzieren. [FN: 186 http://www.guardian.co.uk/media/2010/feb/11/digital-media-ch 187 arging-for-content ] Längst integriert beispielsweise in 188 den USA der Fernsehsender USA Today für seine „Travel Tips“ 189 Inhalte, die auf der Basis einer Analyse von Suchanfragen 190 erstellt werden. [FN: http://traveltips.usatoday.com/] 191 Zweifellos wird sich dieser Trend fortsetzen. Es ist 192 denkbar, dass reine Content-Farmen langfristig zu 193 Agenturdienstleistern werden, deren Inhalte von klassischen 194 Medien ebenso eingekauft werden wie heute Zeitungen die 195 Texte von Presseagenturen abonnieren. Content-Farming hätte 196 sich dann vor allem als eine neue Variante des Outsourcings 197 und Lohndumpings erwiesen. 198 199 Dies wird in erster Linie eine Herausforderung für die 200 Gewerkschaften sein. Eine angemessene Vergütung für neue 201 journalistische Produktionsformen durchzusetzen, wird den 202 Interessenvertretungen umso schwerer fallen, je weniger 203 Auftragnehmer der Plattformen überhaupt gewerkschaftlich 204 organisiert sind. 205 Auch stellt sich die Frage, was es für die 206 Informationsfreiheit bedeutet, wenn Inhalte, die sich nicht 207 unmittelbar über Werbeerlöse monetarisieren lassen, kaum 208 mehr professionell produziert werden. Zwar war Journalismus 209 seit jeher von Werbeeinnahmen abhängig, doch nie zuvor 210 bestand die Möglichkeit, die Bezahlung der Inhalte derartig 211 eng an ihr kommerzielles Erlöspotenzial zu koppeln. Wenn 212 wenig werbeaffine Inhalte aufgrund der vorherrschenden 213 Geschäftsmodelle der Auftraggeber von Autoren, Fotografen 214 und sonstigen Urhebern von vornherein nicht mehr produziert 215 werden, ist das einer demokratiefähigen Öffentlichkeit 216 sicher nicht zuträglich. 217 218 Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass die 219 traditionellen Instrumente der Medienregulierung sich kaum 220 nahtlos auf das Internet übertragen lassen. Angesichts 221 einer versagenden Medienregulierung herrscht deshalb häufig 222 ein rein wettbewerbsrechtlicher Regulierungsansatz vor. 223 Aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung der „information 224 economies“ für Gesellschaft und Demokratie ist jedoch 225 fraglich, ob dies ausreicht, ob also eine ausschließlich 226 auf das Funktionieren des Marktes abstellende Regulierung 227 der Tatsache ausreichend Rechnung trägt, dass die Auswahl 228 und Verfügbarmachung von Informationen für eine vitale 229 öffentliche Sphäre und ein funktionierendes demokratisches 230 Gemeinweisen von zentraler Bedeutung sind. Denkbar wäre, 231 Prinzipien der wirtschaftlichen Regulierung einzuführen, 232 die nicht in erster Linie auf den Schutz des Marktes 233 abzielen, sondern eher auf die Verfasstheit einer 234 wesentlich von diesem Markt bestimmten Öffentlichkeit. Hier 235 wäre etwa daran zu denken, die Bewahrung einer offenen und 236 allen Kommunikationsteilnehmern gleichberechtigt zur 237 Verfügung stehenden Infrastruktur zu einer öffentlichen, da 238 Vielfalt und Demokratie sichernden Aufgabe zu erklären, 239 welcher der Gesetzgeber auch unabhängig von einem etwaigen 240 Marktversagen nachkommen müsste. Als stärkstes 241 regulatorisches Mittel wäre dann etwa ein Verbot vertikaler 242 Integration zu erwägen, sozusagen als Entsprechung zum aus 243 der analogen Welt bekannten Prinzip der Grundversorgung. 244 Dies würde darauf hinauslaufen, dass Inhalteanbieter 245 grundsätzlich nicht zugleich die entscheidenden Gatekeeper 246 für den Zugang zu Informationen sein dürfen, also nicht in 247 der Lage sein dürften, die entsprechende Infrastruktur zu 248 kontrollieren. Die Durchsetzung derartiger 249 „Sphärentrennung“ wäre kein medienregulatorisches, sondern 250 ein rein wirtschaftliches Regulierungsinstrument. 251 252 253 Bitte beachten Sie auch 254 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und 255 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft - 256 Teil 3 257 258 259 260 2. Contentfarmen261 262 Als Contentfarmen werden mitunter automatisch generierte263 Webseiten bezeichnet, die durch geschickte Search Engine264 Optimization user auf ihre Seite zu locken versuchen. Darum265 soll es hier nicht gehen, sondern um Inhalteanbieter wie266 „Demand Media“, deren Geschäft darin besteht, die Daten von267 Suchmaschinen auszuwerten, um dann maßgeschneiderte Inhalte268 zu produzieren. Also nicht um Crawler, die bereits269 publizierte Inhalte scannen und auf eigenen Seiten neu270 zusammensetzen oder verlinken, sondern um Anbieter, die271 „eigene“, suchmaschinenoptimierte Inhalte produzieren.272 273 Im Januar 2010 sorgte Richard Rosenblatt, Mitgründer und274 CEO von Demand Media, mit einem Manifest seiner275 Firmenphilosophie für Aufruhr. Demand Media produziere276 „content that is unequivocally useful“, investiere in seine277 „freelancer community“ und arbeite grundsätzlich so278 kundenorientiert wie möglich. „Our target audience tells us279 they want incredibly specific information and we deliver280 exactly that – in a style that the average consumer281 appreciates and understands. So, while we love to read The282 Economist, The Washington Post and Wired – we have little283 in common with their missions or business models.“ [FN:284 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a285 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/]286 287 Demand Media produziert seit 2007 Content für Seiten wie288 eHow, Livestrong.com, Cracked.com und andere, und zwar289 nicht nur Texte, sondern auch kurze Videos. Besonders290 bekannt ist die Firma für ihre Gebrauchsanweisungen: Wie291 trage ich Make-up richtig auf? Wie finde ich die richtige292 Aktie für mein Portfolio? Welches Yoga hilft bei293 Rückenschmerzen? Welche Inhalte produziert werden,294 entscheiden nicht Redakteure. Die Firma analysiert Daten295 von Suchmaschinenanfragen sowie aus Social Media, die teils296 über offene Schnittstellen frei verfügbar sind, teils297 kommerziell erworben werden können. So werden die am298 meisten nachgefragten Themen herausgefiltert. Anschließend299 wird nach Angeboten von Werbetreibenden gesucht, die zu300 Artikeln über diese Themen Werbung schalten würden,301 insbesondere Google Ads, und der entsprechende Return of302 Investment berechnet. Scheint das Erstellen des Inhalts303 profitabel, wird ein Angebot zur Auftragsvergabe in eine304 Datenbank eingestellt, die von journalistischen Freelancer305 genutzt wird.306 307 Der Unterschied zum traditionellen Journalismus ist klar.308 Während bei Zeitungen und Rundfunkanstalten Redakteure309 beschäftigt werden, die Themen nach Relevanz zur310 Publikation auswählen, gibt bei Contentfarmen der zu311 erwartende Werbeerlös den Ausschlag dafür, ob ein312 bestimmter Inhalt recherchiert, verfasst und publiziert313 wird. Möglich wird dies durch eine automatisierte Analyse314 der Nachfrage bzw. des Leserinteresses, welche mit einer315 ebenfalls automatisierten Erhebung der Online-Werbeerlöse316 abgeglichen wird.317 318 Contentfarmen werden einerseits von den traditionellen319 Medien stark kritisiert: „Journalismus von der Resterampe“320 titelt etwa die FAZ am 16. Februar 2010 und führt aus:321 „Wenn der Inhalt endgültig vom ‚Content‘ abgelöst ist,322 steht dem Internet bald jene Zerrüttung bevor, wie sie323 heute manche Innenstädte heimsucht, in denen324 ‚55-Cent-Shops‘ und ‚Resterampen‘ alle altehrwürdigen325 Geschäfte verdrängt haben.“ Andererseits wird behauptet,326 Contentfarmen hätten freiberuflichen Journalisten zu mehr327 Selbstständigkeit, einem höheren Einkommen und sogar zu328 mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung verholfen. Dorian329 Benkoil schreibt bei Mediashift: „Think of the power the330 new tools give journalists, including ones working for such331 venerated institutions as the New York Times, to reach332 beyond the confines of their publications and personally333 assemble communities of readers, viewers and participants334 around the journalism they create, while also developing335 leads and sources. That's more traffic for the publication,336 more influence and voice for the journalists. The tools337 also give people working for the content farms, also known338 as content mills, the ability to quickly get their work339 done and in some cases earn an hourly wage well beyond340 journalists' typical starting salaries.“ [FN:341 http://www.pbs.org/mediashift/2010/07/dont-blame-the-content342 -farms207.html ]343 344 Es mag dahingestellt bleiben, ob die Fließbandproduktion345 von Artikeln zu Themen wie “Wie kocht man ein Ei?“ oder346 „Wie stellt man einen Screenshot her?“ tatsächlich zu einem347 größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung oder einer348 engeren Leserbindung führt. Auch die Honorare sind nicht349 rosig: 20 Dollar zahlt Demand Media für ein einzelnes350 Video, 15 Dollar für das Schreiben eines Artikels von 300351 Wörtern, 3,50 Dollar für das Redigieren eines solchen352 Textes. [FN:353 http://www.demandstudios.com/freelance-work.html ] In354 Deutschland liegen die Honorare noch niedriger: content.de355 zahlt beispielsweise im Schnitt 10 Euro für einen Artikel356 von 500 Wörtern. [FN:357 http://www.content.de/common/contractor_rates ] Andere358 Anbieter, wie Suite101, bieten gar kein Grundhonorar,359 sondern nur Beteiligungen: „Diese ergeben sich aus einem,360 auf dem Ermessen von Suite101 und seinen Werbepartnern361 beruhenden, Anteil der Werbeumsätze jener Unterseiten der362 Webseite, auf denen Inhalte des Autoren vollständig363 erscheinen“, heißt es im Vertrag. [FN:364 http://graphics.suite101.com/Suite101_Autorenvertrag.pdf ]365 Offenkundig richten sich solche Angebote nicht nur an366 professionelle Journalisten, sondern auch an Laien, die367 sich ein Zubrot verdienen möchten.368 369 Contentfarmen machen gute Geschäfte. Demand Media ist am370 25.01.2011 sogar an die Börse gegangen, mit einer Bewertung371 von mehr als 1 Milliarde Euro, und platzierte Aktien für372 gut 110 Millionen Euro. [FN:373 http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/IPO-Demand-Media-ge374 ht-mit-Milliarden-Bewertung-an-die-Boerse-1018948] Nach375 sechs Wochen war der Kurs von unter 15 auf 17 Euro376 gestiegen. Im April 2011 stürzte er jedoch jäh auf 10 Euro377 ab.378 379 Grund war das berühmt-berüchtigte Panda-Update, mit dem380 Google seinen Suchalgorithmus verbessert hatte. Panda war381 bereits seit Ende Februar 2011 in den USA aktiv, wurde382 jedoch erst Mitte April auf alle englischsprachigen Seiten383 ausgedehnt. Prompt fielen die Klickraten des Flaggschiffs384 eHow.com um 66%, wie sich anhand des385 Sixtrix-Sichtbarkeitsindex nachvollziehen ließ. [FN:386 http://www.sistrix.de/news/991-panda-vol.-ii-ehow.com-hat-es387 -dieses-mal-erwischt.html Demand Media selbst hat die388 Zahlen allerdings als übertrieben bezeichnet.]389 Suite101.com, Mutterunternehmen des gleichnamigen deutschen390 Anbieters, hatte bereits im Februar Popularitätsverluste391 von 94% hinnehmen müssen. [FN:392 http://www.sistrix.de/news/985-algorithmus-nderung-google-su393 cht-nach-qualit-t.html ]394 395 Dass Google seinen Suchalgorithmus geändert hat, ist396 allgemein als Zeichen dafür gewertet worden, dass der397 Suchmaschinenanbieter versuchte, seine Ergebnislisten zu398 verbessern. Content, den die Nutzer angesichts ihres399 Surfverhaltens offensichtlich für weniger relevant400 erachteten, sollte nicht allein aufgrund der Bemühungen von401 Suchmaschinen-Optimierern weit oben in den Trefferlisten402 rangieren. [FN:403 http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/go404 ogle-plant-die-such-revolution/4296626.html?p4296626=all ]405 Das ist verständlich, widerspricht jedoch dem, was die406 Anbieter von Content-Farmen immer wieder beteuern [FN:407 http://allthingsd.com/20100111/demand-media-is-mad-as-hell-a408 nd-well-pens-a-manifesto-and-here-it-is/], dass nämlich409 gerade sie ausschließlich die Interessen der Nutzer im410 Blick hätten. So sagt beispielsweise Peter Berger,411 Geschäftsführer von Suite101.de: „Entscheidend ist: Wir412 haben unser Modell nicht darauf aufgebaut, als wüssten wir413 vorher, was Leser im Internet interessiert.“ [FN:414 http://medialdigital.de/2010/01/29/suite101/]415 Offensichtlich kommen die Entwickler von Suchmaschinen416 hinsichtlich der Bewertung des Contents zum gegenteiligen417 Ergebnis: dass nämlich die Inhalte der Contentfarmen gerade418 nicht dem entsprechen, was die user der Suchmaschinen in419 der Regel suchen.420 421 Langfristig ist fraglich, wie weit das Geschäftsmodell der422 Content-Farmen trägt bzw. wie es sich weiterentwickelt. Der423 Kampf der Suchmaschinenoptimierer gegen die424 Algorithmen-Entwickler der Suchmaschinen wird auf Dauer425 nicht zu gewinnen sein. Entsprechend haben die Farmen426 mittlerweile das Geschäftsfeld Syndikation ausgeweitet und427 setzen zunehmend darauf, ihren Content an klassische Medien428 zu lizenzieren. [FN:429 http://www.guardian.co.uk/media/2010/feb/11/digital-media-ch430 arging-for-content ] Längst integriert beispielsweise in431 den USA der Fernsehsender USA Today für seine „Travel Tips“432 Inhalte, die auf der Basis einer Analyse von Suchanfragen433 erstellt werden. [FN: http://traveltips.usatoday.com/]434 Zweifellos wird sich dieser Trend fortsetzen. Es ist435 denkbar, dass reine Content-Farmen langfristig zu436 Agenturdienstleistern werden, deren Inhalte von klassischen437 Medien ebenso eingekauft werden wie heute Zeitungen die438 Texte von Presseagenturen abonnieren. Content-Farming hätte439 sich dann vor allem als eine neue Variante des Outsourcings440 und Lohndumpings erwiesen.441 442 Dies wird in erster Linie eine Herausforderung für die443 Gewerkschaften sein. Eine angemessene Vergütung für neue444 journalistische Produktionsformen durchzusetzen, wird den445 Interessenvertretungen umso schwerer fallen, je weniger446 Auftragnehmer der Plattformen überhaupt gewerkschaftlich447 organisiert sind.448 Auch stellt sich die Frage, was es für die449 Informationsfreiheit bedeutet, wenn Inhalte, die sich nicht450 unmittelbar über Werbeerlöse monetarisieren lassen, kaum451 mehr professionell produziert werden. Zwar war Journalismus452 seit jeher von Werbeeinnahmen abhängig, doch nie zuvor453 bestand die Möglichkeit, die Bezahlung der Inhalte derartig454 eng an ihr kommerzielles Erlöspotenzial zu koppeln. Wenn455 wenig werbeaffine Inhalte aufgrund der vorherrschenden456 Geschäftsmodelle der Auftraggeber von Autoren, Fotografen457 und sonstigen Urhebern von vornherein nicht mehr produziert458 werden, ist das einer demokratiefähigen Öffentlichkeit459 sicher nicht zuträglich.460 461 Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass die462 traditionellen Instrumente der Medienregulierung sich kaum463 nahtlos auf das Internet übertragen lassen. Angesichts464 einer versagenden Medienregulierung herrscht deshalb häufig465 ein rein wettbewerbsrechtlicher Regulierungsansatz vor.466 Aufgrund der stetig wachsenden Bedeutung der „information467 economies“ für Gesellschaft und Demokratie ist jedoch468 fraglich, ob dies ausreicht, ob also eine ausschließlich469 auf das Funktionieren des Marktes abstellende Regulierung470 der Tatsache ausreichend Rechnung trägt, dass die Auswahl471 und Verfügbarmachung von Informationen für eine vitale472 öffentliche Sphäre und ein funktionierendes demokratisches473 Gemeinweisen von zentraler Bedeutung sind. Denkbar wäre,474 Prinzipien der wirtschaftlichen Regulierung einzuführen,475 die nicht in erster Linie auf den Schutz des Marktes476 abzielen, sondern eher auf die Verfasstheit einer477 wesentlich von diesem Markt bestimmten Öffentlichkeit. Hier478 wäre etwa daran zu denken, die Bewahrung einer offenen und479 allen Kommunikationsteilnehmern gleichberechtigt zur480 Verfügung stehenden Infrastruktur zu einer öffentlichen, da481 Vielfalt und Demokratie sichernden Aufgabe zu erklären,482 welcher der Gesetzgeber auch unabhängig von einem etwaigen483 Marktversagen nachkommen müsste. Als stärkstes484 regulatorisches Mittel wäre dann etwa ein Verbot vertikaler485 Integration zu erwägen, sozusagen als Entsprechung zum aus486 der analogen Welt bekannten Prinzip der Grundversorgung.487 Dies würde darauf hinauslaufen, dass Inhalteanbieter488 grundsätzlich nicht zugleich die entscheidenden Gatekeeper489 für den Zugang zu Informationen sein dürfen, also nicht in490 der Lage sein dürften, die entsprechende Infrastruktur zu491 kontrollieren. Die Durchsetzung derartiger492 „Sphärentrennung“ wäre kein medienregulatorisches, sondern493 ein rein wirtschaftliches Regulierungsinstrument.494 495 496 Bitte beachten Sie auch497 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft und498 2.2.1 Auswirkung der Digitalisierung auf die Wirtschaft -499 Teil 3500